Jean-Pierre Leguay: Étoilé – Trio – Azur

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Artikelnummer: NEOS 11415 Kategorie:
Veröffentlicht am: September 25, 2014

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Drei Werke, drei Welten, drei Reisen: Sie gleichen sich in ihrer Dimension, ihrer Dichte, ihren verschlungenen Wegen und dem allen dreien gemeinsamen Drang zu Taten und Kontemplation. Sie wurzeln in ihrem Bedürfnis nach Raum, nach Dauer, im Aufruf zu einer weiten Reise, einer Suche, einer Eroberung.

Beim Hören könnte man sie sich also als ein großes Triptychon vorstellen. Jedoch unterstreichen die idiomatischen Besetzungen und spezifischen Kompositionsprinzipien zugleich die Unverwechselbarkeit von jeder der drei Herangehensweisen.

Alle drei Werke gehören – genau wie Le matin sûrement va venir (für Ondes Martenot, Klavier und Percussion), Souffle (14 Instrumentalisten), Aube (Orgel und Kammerorchester) – zu einem Korpus großformatiger Kompositionen, ohne Einzelsätze, dafür in einem einzigen großen Flug mit vielfältigen Windungen komponiert.

Étoilé
für Cembalo oder Orgelpositiv und fünf Instrumentalisten: Flöte und Piccoloflöte, Oboe und Englischhorn, Klarinette in B und Bassklarinette in B, Violine und Violoncello (1981)
Auftragswerk von Radio France für das Festival in Avignon 1984

In der Besetzung seiner Instrumente steht dieses konzertante Werk Manuel de Fallas Concerto sehr nahe: komponiert für Cembalo und fünf Instrumente – Querflöte, Oboe, Klarinette, Violine und Violoncello. Hier jedoch kommen, ohne dass es weiterer Spieler bedürfte, auch Piccoloflöte, Englischhorn und Bassklarinette zum Einsatz. Dieses vergrößerte Instrumentarium vervielfacht gleichermaßen den Gesamtambitus, die extremen Lagen, die dynamischen Kontraste und die Palette an Klangfarben. Das Tasteninstrument (Cembalo oder Orgel), dessen Eigentümlichkeiten in die Komposition integriert wurden, füllt seine solistische Rolle voll und ganz aus. Mal zieht es sich zurück, mal integriert es sich in die Gruppe der übrigen Instrumente, deren acht Bestandteile sich nacheinander und auf immer unterschiedliche Art und Weise auf fünf große Phasen aufteilen, die eine lange schillernde Bahn markieren, mal üppig, mal leichtfüßig, mit zwei Kadenzen für ein Solo-Instrument: zunächst die Violine, später das Tasteninstrument.

Die Struktur von Étoilé ist bereits in den beiden ersten Takten angelegt. Diese Quelle generiert im Folgenden ein regelrechtes Netzwerk an Keimungen, Sprossungen und Verzweigungen. Mitunter verdrängt der ein oder andere Trieb die übrigen, weil er – reicher an Potential – selbst neue Strukturen hervorbringt und so fort.

Wie bei mehreren meiner Werke (FlammeSèveSouffleAzur, usw.), handelt es sich auch hier um einen Symbol-Namen: étoilé, funkelnd wie der sternenübersäte Himmel, schillernd wie das Leben.

Trio
für Violine, Viola und Violoncello (1978–1979)
Uraufführung am 20. Juli 1984 durch das Trio à Cordes de Paris, im Rahmen des 19e Festival Estival de Paris

Die Grundachsen meines Trios habe ich von einer Skulptur meines Freundes Paul Bialais übernommen, der sie wie folgt beschrieben hat: »Es handelt sich um ein Ensemble aus drei vertikalen Eichenblöcken, welche verschieden hoch und dreiecksförmig angeordnet sind. Das Kompositionsverfahren ist für alle drei das gleiche und wird durch das Spiel von Ebenen und Körpern auf jeweils andere Art und Weise gelöst. Dies erlaubt es, jedes der Elemente einzeln – in der Vertikalen – zu lesen, aber zahllose diagonale Bewegungsmomente reizen auch zu einer Betrachtung in schräger Perspektive, bei der die drei Teile zu einem Ganzen verschmelzen.«

Von dieser Struktur inspiriert, setze ich drei Parcours in Szene, von denen jeder ein ihm eigenes Ausgangsmaterial weiterentwickelt. Diese vielgestaltigen Parcours sind ineinander verschränkt; man gelangt auf unerwartet variable Weise von einem zum anderen. Zudem sind sie in verschieden lange Segmente unterteilt, wobei jedes Segment jeweils von einem Segment aus einem der beiden anderen Parcours gefolgt wird.

Der rhapsodische Dialog dieser abrupten Wechsel wird aufgelockert durch häufiges und mitunter ausgedehntes Atemholen, gewissermaßen differenzierten Zeichensetzungen. Einer größeren Geschmeidigkeit zuliebe tauchen sie eher während eines Segments als an deren Ende auf.

Mir ging es nicht darum, die Eigentümlichkeit jedes Instruments hervorzuheben. Vielmehr habe ich mich auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen konzentriert, auf ihre klanglichen Ähnlichkeiten, auf die Art von Askese, die aus diesem großen zwölfsaitige Korpus resultiert, eine Askese, die das krasse Gegenteil zu jener Vielfarbigkeit ist, mit der uns orchestralere Besetzungen auf Anhieb  schmeicheln.

Azur
für Klavier (1990–1991)
Auftragskomposition des französischen Staates
Uraufführung am 21. Januar 1993 im Théâtre des Feuillants in Dijon

Ich liebe das Klavier. Ganz besonders liebe ich seine vielfältigen Stimmen, die kraftvoll sind wie der Geschmack des Lebenssaftes in den Bäumen: die Stimmen des kaiserlichen Tribuns, des Aufloderns, des Dahinplätscherns, der fließenden Bewegung, des Erschauderns, der Zärtlichkeit, der Vielfarbigkeit, der Resonanz, der äußersten Zerbrechlichkeit.

Mit seiner anfänglichen Beschwörung ist Azur ein langer wechselvoller Gesang; eine Odyssee, welche nach und nach eine Vielfalt von Glockenklängen, von flüchtigen oder entschiedenen Aufbrüchen, von ruhigen oder feuerwerksmäßigen Klangmassen, von mächtigen Gesten, kurzen Momenten, episodischen Reliefs, von Verstärkungen, Wiederholungen, Momenten des Atemholens, des Innehaltens, von wiederkehrenden Klangelementen, die entweder ausgetauscht werden oder – im Gegenteil – weiterentwickelt werden, von ganzen Passagen, die untermauert werden von einem unermüdlichen Grundimpuls, von hörenden, von andächtigen Momenten.

Ich hatte mir dabei eine pianistische Schreibweise vorgestellt, die klar, klangvoll, geradeheraus, voranschreitend, jubilierend, manchmal fast schon gefühllos sein sollte.

Die letzten Glockenklänge, in welche die am meisten reduzierte Seite der Partitur gipfelt, sind vielleicht ein Ruf der Stille, sind ein Aufruf zur Stille.

Azur ist meinem Freund Dominique Merlet gewidmet, dessen Bescheidenheit und dessen gründliches, fruchtbares Denken ich bewundere.

Jean-Pierre Leguay

Programm:

[01] Étoilé for harpsichord and five instrumentalists (1981) 20:14

Irène Assayag, harpsichord
Yuki Manuela Janke, violin*
Mario Blaumer, violoncello*
Janine Neugebauer, clarinet & bass clarinet*
Vilmantas Kaliunas, oboe & English horn*
Britta Jacobs, flute & piccolo*
Joachim Fontaine, conductor

*Members of Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern

[02] Trio for violin, viola and violoncello (1978–1991) 25:09

Xiangzi Cao, violin
Benjamin Rivinius, viola
Mario Blaumer, violoncello

[03] Azur for piano (1990–1991) 22:48
Live recording of the recital on 12 May 1993, Gaveau, Paris

Dominique Merlet, piano

total time: 68:25

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