Jim Franklin: Songs from the Lake

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Artikelnummer: NEOS 12029 Kategorie:
Veröffentlicht am: Dezember 4, 2020

Infotext:

Hovering like morning mist above the mirror-lake
(Allan Marett, Eliza)

Dieses Werk hat sich über einen Zeitraum von etwa zwölf Jahren entwickelt, obschon einige der Klangbilder etwas älter sind; sie stammen aus meiner Zeit als Kompositionsstudent in den 1980er-Jahren. Frühere Versionen einiger Sätze führte ich bei zahlreichen Konzerten und Shakuhachi-Festivals in Europa, Japan und Australien zwischen 2008 und 2020 auf. Ich schliff dabei die Stücke zurecht und gestaltete die Gesamtkomposition.

Das Wesen des Werkes, und dieser Aufnahme, ist absichtlich performativ. Die Shakuhachi, eine täuschend einfach aussehende, japanische Bambusflöte und ein sehr körperbezogenes Instrument, ist in allen Sätzen zu hören. Diese Flöte und die Kombination Shakuhachi / Live-Elektronik (d. h. elektronische Bearbeitung der Flötenklänge in Echtzeit) wurden von nur einem Spieler (mir) gleichzeitig aufgeführt und in einzelnen, vollständigen Takes aufgenommen – ohne zeitlich getrennte Aufnahmen der Elektronik und meistens als direkte Stereo-Abmischung. Im Endeffekt ist dies identisch mit der Art und Weise, wie die Stücke bei Konzerten aufgeführt werden; es wurde versucht, die Nuancen (und unvermeidlichen »Unvollkommenheiten«) einer Live-Aufführung wiederzugeben, im Gegensatz zur (scheinbaren, oft »entkörperten«) Vollkommenheit einer Konstruktion im Tonstudio. Bei manchen Sätzen wurden alle Instrumente von mir in Echtzeit eingespielt, einschließlich der zusätzlichen elektronischen Ressourcen, die über Echtzeitsbearbeitung der Shakuhachi hinausgehen (z. B. Shakuhachi und Theremin / Live-Elektronik gleichzeitig in Ripples sowie Shakuhachi / Live-Elektronik und Haken ContinuuMini gleichzeitig in Surface Trace). Auch dort, wo mehrere Synthesizer verwendet wurden, wurde die Mehrspurtechnik auf ein Minimum reduziert. Zum Beispiel wurden die komplexen, synthetischen Klangteppiche in Mirrored Depths als nur zwei Aufnahmeschichten eingespielt (Stereo-Abmischungen in Echtzeit, zugegebenermaßen teilweise mit Einsatz von performativ manipulierten, sequenzierten Elementen statt als Aufnahmen Ton für Ton).

Daraus ergibt sich, dass viele der Sätze trotz ihrer Vielschichtigkeit von einem Aufführenden spielbar sind; dies sind die Stücke, die ich bei Festivals und so weiter aufgeführt habe. Bei den anderen Sätzen würden entweder zwei Spieler (Spiral EddiesMists, Departing) oder drei Spieler (Mirrored Depths) bei einer Live-Aufführung benötigt. Diese Stücke werden zum ersten Mal auf dieser CD vorgestellt.

Alle Stücke sind halbkomponierte, strukturierte Improvisationen: eine vorkomponierte Form, bei der die »Wegweiser« und Wendepunkte klar definiert sind; aber die genaue Route zwischen den Punkten wird von Aufführung zu Aufführung unterschiedlich. Ich habe mir diese Freiheit erlaubt, zum Teil, weil ich den Fokus und die Zentriertheit bei einer Live-Performance und Improvisation mag, und zum Teil, weil die Ansammlung der verwendeten Instrumente höchst eigentümlich ist. Wahrscheinlich hat kein anderer Shakuhachi-Spieler Zugriff auf die spezifischen Synthesizer und so weiter (angeschafft zwischen 1985 und 2020), die ich eingesetzt habe. Ich empfand es daher als sinnlos, die Stücke Ton für Ton zu komponieren und in allgemein leserlicher Form zu notieren, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass sonst jemand das notwendige Instrumentarium würde zusammenbringen können, um sie aufzuführen.

Dementsprechend bestand das Kompositions- und Aufnahmeverfahren zum Teil darin, mehrere, halbimprovisierte Durchläufe der Stücke (oder in manchen Fällen, der Klangschichten innerhalb der Stücke) aufzunehmen. Danach wählte ich diejenigen Aufnahmen aus, die nach meiner Wahrnehmung die beste »Route« durch die Stücke darstellten.

Der Gesamttitel des Werkes sowie die Titel der einzelnen Sätze speisen sich aus zwei Quellen. Erstens faszinieren mich seit vielen Jahren Bilder in der natürlichen Umwelt, bei denen die Gesamtgestalt mehr oder weniger statisch ist, die Details sich aber ständig ändern. Überragend darunter sind Bilder von Wasser, fließend oder still: die unaufhörlichen, kleinen Wellen und Strömungen in einem fließenden Bach, die glitzernden Flecken des Sonnenlichtes auf dem Meer, oder (ein Bild, dass mir präsent geblieben ist, seit ich es zum ersten Mal vor etwa 35 Jahren sah) ein zugefrorener See im Winter, mit fließenden Wellenfronten, halbgesehen im kalten, mittäglichen Sonnenlicht, auf einer Wasseroberfläche unterhalb einer dünnen Eisschicht: stets in Verwandlung, immer gleich.

Eine zweite Inspirationsquelle für das Werk ist die Welt buddhistischen Gedankenguts und Erfahrung, besonders in der Form von Zen. Wasser wird oft als Abbild des Geistes verwendet, manchmal aufgewühlt, manchmal ruhig und flach wie ein Spiegel. Für mich ist der »Lake« also nicht nur ein Naturbild, sondern auch eine Metapher und Gegenstand für Meditation, Vertiefung und Reinigung, immer mit dem klaren, stillen, spiegelartigen Zustand als Ziel: Die Umgebung des Sees wird reflektiert wie sie ist und dennoch wird der Grund oder die Quelle sichtbar, die ihn speist.

Für mich also ist Songs from the Lake nicht nur eine klangliche Darstellung von Bildern der natürlichen Umwelt, sondern auch ein meditativer Prozess: immer gleich, ständig in Verwandlung begriffen, still, und doch ständig in Bewegung.

Jim Franklin, 2020

Forth from the mirror-lake
Our dreamings dance
(Allan Marett, Eliza)

Programm:

[01] Mists, Descending für Shakuhachi / Live-Elektronik 07:00

[02] Ripples für Shakuhachi und Theremin / Live-Elektronik 09:09

[03] Fluid Convex für Shakuhachi / Live-Elektronik 11:14

[04] Mirrored Depths für Shakuhachi und Synthesizer 11:50

[05] Surface Trace für Shakuhachi / Live-Elektronik und Haken ContinuuMini 07:42

[06] Spiral Eddies für Shakuhachi / Live-Elektronik und Theremin / Live-Elektronik 10:05

[07] Mists, Departing für Shakuhachi / Live-Elektronik und Synthesizer 06:42

 

total playing time: 64:16

Jim Franklin
Shakuhachi, Theremin, Synthesizer, Haken ContinuuMini und Live-Elektronik

 

World premiere recordings

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