Ende 1969 erhielt Karlheinz Stockhausen von Heinrich Strobel, dem damaligen Musikchef des Südwestfunks, den Auftrag, für die Donaueschinger Musiktage 1970 ein neues Werk für zwei Klaviere zu schreiben. Stockhausen hatte Strobel zuvor von einer Vision berichtet, die er während eines Fluges nach Los Angeles hatte. Die beiden Pianisten sollten beim Betreten der Bühne in der Luft pianistische Spielbewegungen vorführen, welche dann, am Instrument angekommen, zu Klang würden. Anlässlich der Expo ’70 war Stockhausen im März 1970 nach Osaka gereist, um dort in dem von ihm mit konzipierten Deutschen Pavillon seine Musik zu präsentieren. Aus der »VISION für 2 Klaviere«, wie das Werk ursprünglich heißen sollte, wurde hier MANTRA für 2 Pianisten, und die visuelle Idee wurde zugunsten einer elektronischen Erweiterung aufgegeben. Der sichtbare Nichtklang der »VISION« wurde somit zur eigentlich unsichtbaren elektronischen Klangerweiterung, die hier durch die Positionierung der elektronischen Geräte bei den Pianisten zumindest erahnbar war.
Nun hat das GrauSchumacher Piano Duo das Werk mit der Klangregie von Michael Acker vom SWR Experimentalstudio neu eingespielt. Andreas Grau, Götz Schumacher und Michael Acker verbindet eine langjährige Freundschaft durch zahlreiche Aufführungen auch des vorliegenden Werkes MANTRA.
Die Produktion wurde in die Bestenliste 3/2024 in der Kategorie “Zeitgenössische Musik” aufgenommen:
“Wenn der digitale Ringmodulator präzise die Tonhöhe der Klavierklänge trifft und Sinusgenerator und Lautsprecher nicht mehr rauschen, und wenn diese Technik (kontrolliert vom Klanggestalter Michael Acker) in den Händen des Duos GrauSchumacher liegt, dann erreicht MANTRA (1970) endlich die Perfektion, um die Karlheinz Stockhausen zeitlebens auch in Proben mit dem Piano-Duo gerungen hat. Als Resultat kosten GrauSchumacher Übergänge zwischen Harmonie und Disharmonie feinnervig aus, zeigen Spaß an witzigen Einwürfen und entwickeln spielerisch einen farbig glühenden Bilderbogen.”
Für die Jury: Margarete Zander