Der Kreis – Symbol der Unendlichkeit, des zyklischen Werdens und Vergehens – steht im Zentrum des neuen Albums von Leopold Brauneiss. Das titelgebende Werk Kykloi (griechisch: Kreise) setzt dieses Motiv musikalisch um: Zwei Tonartenkreise bewegen sich ausgehend von D-Dur in entgegengesetzten Richtungen, entfernen sich, kreuzen einander und finden schließlich im Ausgangspunkt wieder zusammen – ein klingender Prozess von Annäherung, Entfernung und Wiederkehr. Dabei verschmelzen mathematische Strenge und organisches Wachstum zu einem faszinierenden Klangbild.
Auch in den weiteren Werken spiegelt sich Brauneiss’ Interesse an Kreisprozessen, zyklischen Strukturen und der Balance zwischen Einfachheit und Komplexität. Humorvoll und leichtfüßig präsentiert sich (Nearly a) Pizzicato Polka, ein augenzwinkerndes Spiel mit wienerischer Klangwelt und charmanten Brüchen. Farewell, ein persönliches Stück über Abschied, verbindet formale Strenge mit emotionaler Tiefe, während sich das Arrangement des Purgatorio-Satzes aus Mahlers unvollendeter 10. Symphonie als liebevolle Hommage an einen der großen Meister der Musikgeschichte versteht.
Das Klaviertrio Métamorphoses nocturnes erkundet musikalische Wandlungsprozesse zwischen Tag und Nacht, während sich die Miniaturen – Bagatellen und Préludes – als pointierte Momentaufnahmen präsentieren, in denen sich das Immergleiche ständig neu und überraschend zeigt.
Besondere Eindrücke spiegeln sich in der Elegie In Memoriam F. C. – ein musikalischer Nachruf auf Friedrich Cerha – sowie in Callanish, inspiriert von den monumentalen Steinkreisen der schottischen Hebriden.
Abgerundet wird das Programm von Vertonungen der tiefgründigen und humorvollen Vierzeiler des Mystikers Rūmī und der sprachlich präzisen Siebzehnsilber des Lyrikers Rudolf Kraus. In allen Werken bleibt Brauneiss seinem Ideal treu: Musik, die wie eine Schneeflocke ist – kristallin, klar, vergänglich und voller feiner Strukturen.
Programm
Leopold Brauneiss (*1961)
Kykloi für Streichorchester (1998, rev. 2001)
Live-Mitschnitt
Kremerata Baltica
Heinrich Schiff, Dirigent
Fünf Vierzeiler nach Rumi für Bariton und Klavier (2017, rev. 2021)
Text: Gedichte von Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī (Übersetzungen von Ali Ghazanfari und Johann Christoph Bürgel)
Josef Wagner, Bariton
Leopold Brauneiss, Klavier
Vier Siebzehnsilber auf Texte von Rudolf Kraus for medium voice and piano (2024)
Josef Wagner, Bariton
Leopold Brauneiss, Klavier
Fünf Bagatellen für Klavier (2015 / 2016 / 2018 / 2020)
Andrés Añazco, Klavier
Vier Sätze aus Zwölf Préludes für Klavier (2019)
Andrés Añazco, Klavier
Elegie In memoriam F. C. für Klavier (2023)
Andrés Añazco, Klavier
Callanish für zwei Klaviere (2020 / 2022)
Lili Zwickl & Raisa Fudulu, Klavier
Métamorphoses nocturnes für Violine, Violoncello und Klavier (2022)
I Präludium (attacca) – II Métamorphoses nocturnes (attacca) – III Postludium
Live-Mitschnitt
Peter Titiaiev, Violine
Denys Lytvynenko, Violoncello
Nataliya Martinova, Klavier
(Nearly a) Pizzicato Polka für Streichorchester (2024)
Live-Mitschnitt
KLK String Orchestra
Roman Kreslenko, Dirigent
Farewell für Streichorchester (2019 / 2020)
Live-Mitschnitt
KLK String Orchestra
Roman Kreslenko, Dirigent
Gustav Mahler (1860–1911)
Purgatorio (Dritter Satz der 10. Symphonie)
arrangiert für Streichorchester und obligate Violine von Leopold Brauneiss (2024)
Live-Mitschnitt
KLK String Orchestra
Roman Kreslenko, Dirigent
Gesamtspielzeit: 67:55
Welt-Ersteinspielungen
Biografien
Leopold Brauneiss: Geboren in Wien. Nach Studien an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien sowie an der Universität Wien (Schulmusik, Klavier, Musikwissenschaft) ab 1990 Lehrer für Klavier und verschiedene theoretische Fächer am Josef Matthias Hauer Konservatorium (bis 2010) und an der gleichnamigen Musikschule in Wiener Neustadt. Seit 2004 Lehrbeauftragter für Tonsatz am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien und seit 2006 Lehrbeauftragter für Tonsatz an der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig. Prägend für sein kompositorisches Schaffen sind das Studium der Kompositionstechnik und Ästhetik des Tintinnabuli-Stils Arvo Pärts sowie Gespräche und persönliche Begegnungen mit diesem Komponisten. (Zahlreiche musiktheoretische Publikationen und Vorträge zum Tintinnabuli-Stil Arvo Pärts.) Seine Werke wurden unter anderem bei den Festivals Wien Modern, Kammermusikfest Lockenhaus, Orgelfestival Lockenhaus, in der Weill Recital Hall (Carnegie Hall) und im Wiener Konzerthaus aufgeführt. Er erhielt Kompositionsaufträge der Österreichischen Kammersymphoniker sowie vom Orgelfestival Lockenhaus.
Infos
Katalognummer: NEOS 12532
EAN: 4260063125324