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NEOKLASSISCHE MODERNE UND EXPRESSIVE KLASSIZITÄT Der Name OTTO SIEGL (1896–1978) ist heute allenfalls passionierten Raritätenjägern noch am Rande geläufig. Der gebürtige Grazer schrieb 1946, er spiele ›viel Kammermusik, wie die meisten Dirigenten und Komponisten hauptsächlich Bratsche. […] In den letzten Jahren habe ich viel Kammermusik geschrieben. Die letzten großen Werke konnten leider nicht mehr veröffentlicht werden. Es wird noch lange dauern, bis man sie wird herausgeben können. Das macht nichts, es pressiert ja nicht. So aktuell ist meine Musik ja nicht, dass sie in einigen Jahren nicht mehr passend wäre.‹ Siegl war Schüler von Egon Kornauth (einem gemäßigten spätromantischen Epigonen) und Roderich von Mojsisowicz. In frühen Jahren wirkte er als Orchestermusiker in Wien und als Kapellmeister in Graz, später im niedersächsischen Paderborn, dann an der Kölner Musikhochschule, wo er von 1942 bis Kriegsende das Hochschulorchester leitete. Nach dem Krieg kehrte er nach Graz zurück und fand seine letzte Ruhestätte in Wien. Die Duo-Sonate Op. 139 für Viola und Violoncello entstand 1945, wahrscheinlich für den eigenen Bedarf, in einer recht produktiven Schaffenszeit. Spätestens in den Jahren danach galt sein Stil definitiv als altmodisch. Jene zeitlose und alle Tagesmoden ignorierende Kreuzung aus Spätromantik und Neobarock fand bei der Kritik wenig Verständnis in einer Zeit, die auch bekannteren Meistern vergleichbarer Ausrichtung wie Heinz Schubert, Hans Brehme oder Mark Lothar kaum noch Respekt zollte. Mehr als ein halbes Jahrhundert musste vergehen, um der tonsprachlichen Vielfalt jener Zeit eine einigermaßen objektive öffentliche Würdigung jenseits ideologischer Fronten zu ermöglichen. Die Duo-Sonate ist, wie beispielsweise auch Siegls Streichquartette, ein sehr schönes Beispiel für anspruchsvolle Kammermusik, die ganz in der traditionellen Tonalität verwurzelt bleibt und aus deren Sogkräften ihre formbildende Dynamik bezieht. Die bewegten und tänzerischen Sätze sind dezidiert nach barocken Topoi ausgeführt, die getragenen Sätze zutiefst der wehmütig verklingenden Nachromantik verbunden. Siegls harmonischer Einfallsreichtum und seine kontrapunktische Behändigkeit sind bemerkenswert – seine Werke könnten im heutigen, post-ideologischen Konzertleben durchaus ihren Platz finden. Die Karriere von REBECCA CLARKE (1886–1979) als außerordentliche Solobratschistin und begabte Komponistin war auffallend kurz und zeitweise sehr glanzvoll. Den Höhepunkt ihrer Laufbahn markiert ihre Sonate für Viola und Klavier von 1919, mit der sie unter einem Pseudonym auf einem Kompositionswettbewerb in Pittsfield (Massachusetts) den Zweiten Preis (nach Ernest Blochs Sonate) holte. Mit dieser Sonate hat sie sich einen festen Platz im Repertoire der Bratschisten in aller Welt gesichert. Als reisende Kammermusik-Virtuosin schrieb sie die Werke für die eigenen Aufführungen. 1916 übersiedelte sie in die USA, 1924 zurück nach London, und mit Ausbruch des 2. Weltkriegs ließ sie sich endgültig in der Neuen Welt nieder. Sie heiratete 58-jährig den gleichaltrigen Pianisten James Friskin und stellte fortan ihre musikalischen Aktivitäten fast vollständig ein. Nie hat Rebecca Clarke die martialischen Erziehungsmethoden ihres Vaters verwunden, in späten Jahren verarbeitete sie ihr Trauma in der Autobiographie ›I had a father too‹. Lullaby and Grotesque tauchten erstmals am 13. Februar 1918 in einem Konzertprogramm in der Aeolian Hall in New York auf, gespielt von Rebecca Clarke und ihrer Cellopartnerin May Mukle. Entstanden ist das kleine Werk nicht lange vorher, und es atmet jene elegante Weltläufigkeit, in welcher britische und französische Vorzüge eine natürliche Verbindung eingehen. Unter allen Bratsche spielenden Komponisten war PAUL HINDEMITH (1895–1963) der berühmteste, kraftvollste und einflussreichste. Das Repertoire für sein Instrument ist heute undenkbar ohne seine substantiellen Beiträge. 1937 erschien der theoretische erste Teil von Hindemiths ›Unterweisung im Tonsatz‹ im Druck. Darin schreibt der ehemalige Schüler Arnold Mendelssohns: »Ich habe den Übergang aus konservativer Schulung in eine neue Freiheit vielleicht gründlicher erlebt als irgendein anderer. Das Neue musste durchschritten werden, sollte seine Erforschung gelingen; dass diese weder harmlos noch ungefährlich war, weiß jeder, der an der Eroberung beteiligt war. Weder wurde die Erkenntnis auf geradem Wege errungen, noch ging es ohne Störungen ab. Heute scheint es mir, als sei das Gebiet übersichtlich geworden, als sei die geheime Sprache der Töne erlauscht.« Hindemith bemerkte, dass sich an seinen Werken »die Verwirklichung der in diesem Buche vorgetragenen Absichten über die Technik des Tonsatzes am besten verfolgen« lasse. Das gilt selbstredend auch für die Werke, die schon einige Jahre vor Abschluss der ›Unterweisung‹ entstanden sind. Als Hindemith im Januar 1934 in London für ›His Master’s Voice‹ mit Szymon Goldberg und Emanuel Feuermann Aufnahmen seiner Kammermusik machte, komponierte er am Morgen vor einer Aufnahme das vorliegende Duett für Viola und Violoncello als Lückenfüller für die Plattenaufnahme. So schnell ging das: »Meiner Ansicht nach muss der Komponist von mechanischen Vorrichtungen jeder Art völlig unabhängig sein. […] Musiker haben nicht deshalb so viel komponiert, weil sie es wollten, sondern weil der Zwang zu komponieren unwiderstehlich ist.« Der Berliner GÜNTER RAPHAEL (1903–1960) studierte Komposition bei Robert Kahn und Arnold Mendelssohn und schuf früh vortreffliche Werke, die von führenden Musikern wie dem Busch Quartett oder Wilhelm Furtwängler (1926 Uraufführung der 1. Symphonie in Leipzig) aufgeführt wurden. Ab 1926 war Raphael selbst als Kompositionslehrer tätig. Im Dritten Reich wurde er als ›Halbjude‹ mit einem Aufführungsverbot belegt und infizierte sich mit Tuberkulose, was ihn für den Rest seines recht kurzen Lebens schwächte. Nach dem Krieg bekommt er nur relativ unbedeutende Stellen. Manche große Musiker, wie beispielsweise Sergiu Celibidache, der mit den Berliner Philharmonikern Raphaels 4. Symphonie aufführt, interessieren sich für sein Schaffen, doch die modernistischen Tagesmoden überschatten sein Wirken nachhaltig. Erst 1957, drei Jahre vor seinem Tod, wird er als Kompositionslehrer und Professor für Kirchenmusik an die Kölner Musikhochschule berufen. Er hat ein stattliches Œuvre mit großartigen instrumentalen und vokalen Werken (viel Kirchenmusik) hinterlassen, das es heute noch zu entdecken gilt. Das Duo für Viola und Violoncello entstand 1941 in Meiningen – in schwerer Zeit ›innerer Emigration‹. Es ist einerseits eine innige Huldigung an Bach, den Großmeister des zeitlosen Kontrapunkts, andererseits ein architektonisch weit geschwungenes, zutiefst beseeltes Dokument neuer Klassizität, die in ihrem Bekenntnischarakter eines innigeren Geistes Kind ist als die verspielte Sachlichkeit des Neoklassizismus. Bevor er als Hauptvertreter der polnischen Avantgarde die musikalische Welt mit aleatorischen Experimenten wie seiner 2. Symphonie oder dem Streichquartett beeindruckte, war der Warschauer WITOLD LUTOSLAWSKI (1913–1994) ein aus der Tradition gewachsener Revolutionär. Als er fünf Jahre alt war, wurde sein Vater von den Bolschewiki hingerichtet. Mit fünfzehn Jahren war er Kompositionsschüler von Witold Maliczewski. An die Öffentlichkeit trat er 1939 mit seinen Symphonischen Variationen. Nach der Aufführung seiner 1. Symphonie 1947 war sein Schaffen bei den Kulturbehörden wegen zu avancierter Tonsprache unerwünscht, doch durch die Verwendung folkloristischer Elemente gelang es ihm, wieder offizielle Akzeptanz zu finden – bis hin zum grandiosen, andauernden Erfolg seines Konzerts für Orchester. Die Bukoliki (Hirtenweisen) schrieb er 1952 für Klavier solo und brachte sie selbst zur Uraufführung. Sie basieren auf volkstümlichen Weisen, die Wladyslaw Skierokowski gesammelt hatte. 1962 bearbeitete Lutoslawski das Werk im Auftrag von William Primrose und Mstislav Rostropovitch für Viola und Violoncello – zu einer Zeit, als er sich längst von traditionellen Notationsmethoden entfernt hatte und an vorderster Front die Moderne repräsentierte, zugleich jedoch rückschauend bekannte: »Wenn ich diese (frühen) Werke betrachte, schäme ich mich ihrer nicht.« Was Hindemith für die Deutschen, war der in Marseille geborene DARIUS MILHAUD (1892–1974) für die Franzosen. Er war eine höchst produktive, technisch überlegene, musikantische Frohnatur. Dabei sprachen die äußeren Umstände nicht für so viel Lebensfreude, litt er doch seit den zwanziger Jahren unter schwerem Rheumatismus, wodurch er zunächst gezwungen war, an Krücken zu gehen und schließlich an den Rollstuhl gefesselt war. Die ihn kannten, berichteten, es habe keinen freundlicheren Menschen gegeben als ihn. Auch hat niemand sonst mit solcher Eleganz und anmutiger Natürlichkeit die Bitonalität (gleichzeitiges Agieren in zwei einander widersprechenden Tonarten) kultiviert. Mit Werken wie Le bœuf sur le toit (1919), Saudades do Brazil (1921) und La Création du monde (1923) hat er ›Mein Hut der hat drei Ecken‹-Musik, Samba und Jazz in fesselnder, bezaubernder Manier zu Basisingredienzien von Orchesterhits für den Konzertsaal fusioniert. Das alles geschieht mit einer unvergleichlichen Mühelosigkeit und Gewandtheit, den Hörer berührend, bewegend und umschmeichelnd mit spritziger Vitalität, feinem Humor und zarter Poesie. Wie Hindemith lehrte Milhaud nach dem 2. Weltkrieg weitgehend in den USA. An der 1947 gegründeten Music Academy of the West hatte Milhaud u.a. zwei Kompositionsschüler: Murray Adaskin (1906–2002, Bratscher) und Jim Bollé (geboren 1931, Cellist), für die er 1959 die klassisch dreisätzige Sonatine Op. 378 für Viola und Violoncello schrieb. Er liebte die kontrapunktischen Kunststücke, wie in seinem Streichoktett, das auch als zwei getrennt voneinander gespielte Quartette dargeboten werden kann. In der Sonatine findet in der Mitte des Kopfsatzes ein Stimmtausch statt, dieselbe Prozedur läuft unter umgekehrten Vorzeichen noch einmal identisch ab. Innig und verträumt schwebt der langsame Mittelsatz, und das Finale hat beinahe Ländler-Charakter. SIEGMUND SCHUL (geboren 1916 in Chemnitz, gestorben 1944 in Terezín/Theresienstadt) ist ein tragischer Fall. Seine Eltern stammten aus Galizien (heute zwischen Polen und der Ukraine aufgeteilt) und pflegten das Brauchtum der osteuropäischen Juden. 1933 floh er vor den Nationalsozialisten nach Prag. Ab 1937 hatte er u.a. Unterricht bei Alois Hába. Im selben Jahr kommt in Prag sein Sextett zur erfolgreichen Uraufführung. Er lernt den älteren Kollegen Viktor Ullmann kennen und heiratet. 1941 werden er und seine jüdische Frau nach Terezín deportiert (Ullmann folgt 1942), wo Siegmund Schul am 2. Juni 1944 an Tuberkulose stirbt. Im Nachruf auf seinen Freund stellte Ullmann fest: »Wir haben in Schul eine wirkliche Persönlichkeit verloren, eine wirklich strebende Künstlerpersönlichkeit.« In Prag setzte sich Schul intensiv mit jüdischer Musik auseinander und arbeitete bis zu seiner Deportation an einer Sammlung überlieferter Prager Synagogalgesänge. Er komponierte in Terezín ein verschollenes Divertimento ebraico und die Chassidischen Tänze für Viola und Violoncello, die im Lager während der sogenannten ›Freizeitveranstaltungen‹ zur Aufführung kamen. Als Schul starb, gingen seine Manuskripte in den Besitz Viktor Ullmanns über. 1944 wurde Ullmann nach Auschwitz abtransportiert und ermordet. Nach der Befreiung nahm sich der Chronist H.G. Adler der herrenlosen Materialien an, die so auf wunderbare Weise das grausame Schicksal ihrer Schöpfer überleben konnten. Christoph Schlüren |
Programm:
Keepsake of Modern Age
Vergessene Moderne
La modernité oubliée
Works for viola and violoncello
Otto Siegl (1896–1978)
Duo-Sonate Op. 139 (1945) 15:44
[01] Largo ma non troppo 03:27
[02] Allegro risoluto 03:02
[03] Improvisation über ein französisches Liedchen. Andantino 04:38
[04] Interludium. Adagio 01:24
[05] Kehraus. Presto 03:13
Rebecca Clarke (1886–1979)
Lullaby and Grotesque (1916) 05:44
[06] 1. Lullaby 02:47
[07] 2. Grotesque 02:57
Paul Hindemith (1895–1963)
[08] Duett (1934) 04:47
Günter Raphael (1903–1960)
Duo für Viola und Violoncello Op. 47/4 (1941) 15:40
[09] I. Invention. Mäßig langsam 04:35
[10] Entschieden, etwas gemessen, dabei energisch 02:29
[11] II. Fantasie. Getragen 02:27
[12] Sehr fließend und gleichmäßig 06:09
Witold Lutoslawski (1913–1994)
Bukoliki (1952/1962) 06:42
[13] I. Allegro vivace 01:12
[14] II. Allegretto sostenuto, poco rubato 01:09
[15] III. Allegro molto 00:45
[16] IV. Andantino 02:13
[17] V. Allegro marciale 01:23
Darius Milhaud (1892–1974)
Sonatine pour alto et violoncelle Op. 378 (1959) 17:11
[18] I. Vif 03:58
[19] II. Modéré 08:35
[20] III. Gai 04:38
Siegmund Schul (1916–1944)
2 Chassidische Tänze Op. 15 (1941/1942) 04:09
[21] I. Allegro moderato 01:26
[22] II. Allegretto 02:43
total time 70:14
Julia Rebekka Adler, viola
Thomas Ruge, violoncello
Pressestimmen:
25.03-2010
Keepsake of Modern Age
Works for Viola and Violoncello
Man muß mit Wiederentdeckungen angesichts eines beständig wachsenden Repertoires bei gleichzeitiger Verknappung der Ressourcen eher vorsichtig sein – die scheinbar bekannten Klassiker sollen ja nicht verdrängt werden zugunsten eines Bodensatzes, der – wie politisch inkorrekt das auch klingen mag – in vielen Fällen wohl auch zu Recht vergessen wurde. Doch dieses Album mit dem Titel „Vergessene Moderne“, für das die Bratscherin Julia Rebekka Adler und der Violoncellist Thomas Ruge gleich sieben scheinbar bekannte und heutezutage fast unbekannte Komponisten versammelt haben, verdient weite Beachtung. Dies liegt zum einen an der hier präsentierten Besetzung von Viola und Violoncello, welche noch seltener ist als das schon exotische Gespann von Violine und Violoncello, zum anderen aber auch an der komplexen Gestalt des hier als modern bezeichneten Komponierens, welches neben dem bekannten Aspekt der Avantgarde eher das ergänzende, oft aber unterdrückte Moment handwerklicher Sicherheit und damit mittelbar auch des Traditionsbezuges verdeutlicht.
Besonders verdienstvoll sind hierbei die vorgestellten Werke der unbekannten Komponisten, welche zeigen, daß die Moderne – im Gegensatz dann zur darauffolgenden Epoche – auch in wenig prominenten Figuren noch über vorzeigbare handwerkliche Standards verfügte. So beherrschte Otto Siegl (1896 – 1978) seinen Kontrapunkt wirklich, wie seine Duo-Sonate op. 139 in ihrem Ausgestalten tonaler Linien eindrücklich zeigt; seine versöhnlich wirkende Tonalität, selbst volksmusikalisch wirkende Anklänge resultieren aus der sauberen Stimmführung. Eine Spielmusik, sicher, aber eine, in welcher sich 1945 das Komponieren zunächst wieder auf das reine Material besann.
Die zwei Charakterstücke Rebecca Clarkes (1886 – 1979), Lullaby and Grotesque, sind eher romantisch gestimmt und nicht ohne kleine Anleihen an Richard Strauss verfaßt; bei diesen Miniaturen aber überrascht, wie die Komponistin, Schülerin von Stanford, stellenweise durch Doppelgriffe den Eindruck eines weitaus größeren Ensembles erreicht. Vom linear denkenden Otto Siegl und dem eher akkordischen Arbeiten Rebecca Clarkes hebt sich wiederum das Duo op. 47/4 des Berliners Günter Raphael ab, weil bei ihm der überlegen beherrschte Kontrapunkt mit untergründiger Aggressivität und spitzen Tönen, unter Auslotung sämtlicher spieltechnischer Möglichkeiten von pizzicato bis sul ponticello, deutlich charakteristisch eingefärbt wird. Vergleichbar dazu werden Lutoslawskis fünf kurze Studien Bukoliki vorgestellt, in welcher hart gegeneinander gesetzte Rhythmen eine weitaus größere Rolle spielen als die Mehrgriffigkeit. Die Pointiertheit Raphaels und Lutoslawskis machen dann im direkten Vergleich stärkeren Effekt als Hindemiths Duett, das sich offen modernistischer gibt, aber ein wenig zerstreut wirkt – und freilich auch in sehr kurzer Zeit als Gelegenheitswerk entstanden war. Im wohl bekanntesten Stück dieses Albums, der Sonatine op. 378 von Darius Milhaud, wird viel mit Einstimmigkeit, also dem Alternieren der Instrumente, gearbeitet. Einen geradezu meisterlichen Ausklang stellen die beiden winzigen, zusammen gerade einmal vier Minuten langen Chassidischen Tänze des im KZ Theresienstadt gestorbenen Chemnitzers Siegmund Schul.
Julia Rebekka Adler und Thomas Ruge sind Solisten bei den Münchner Philharmonikern und spielen diese Stücke mit viel Klangsinnlichkeit, nicht etwa pastos, wie solistisch auftretende Orchestermusiker oft spielen, aber auch nicht allzu spitz. Hinweisen muß man auch auf die ausgezeichnete Kommentierung dieser sorgfältig gestalteten Edition durch Christoph Schlüren, einen ausgewiesenen Experten für vergessene Musik.
Michael B. Weiß
02/2010
WEINBERG/KEEPSAKE OF MODERN AGE
Julia Rebekka Adler has been playing viola since she was barely big enough to manage an instrument of its size. Born in Heidelberg, Germany, in 1978, she studied with Kim Kashkashian, Johannes Lüthy, and Wolfram Christ at the Musikhochschule Freiburg, went on to take master classes with Walter Levin and Yuri Bashment, and completed her training with Hartmut Rohde at the Universität der Künste Berlin. Having won numerous prizes, Adler is today counted among the top viola players on the scene, holding posts in the Munich Philharmonic, the Viardot Piano Quartet, and Berlin’s Solistenoktett. Her recordings thus far are few, and, but with one exception, a Hoffmeister concerto, devoted to 20th-century composers.
As the first of the two above headnotes would suggest, Adler has taken a special interest in Mieczysław Weinberg (1919–1996), whose name may also be found in alternate spellings as Moisey Vainberg and Moisey Samuilovich Vaynberg. Of Polish-Jewish origin, Weinberg, who lost most of his family in the Holocaust, escaped to the Soviet Union/Russia in 1939, remaining there until his death. He is considered by some to be the third great Soviet composer after Prokofiev and Shostakovich, but others have criticized his work as derivative and damaging, not only to his own reputation but to that of Shostakovich, of whose music Weinberg’s can be uncomfortably imitative. Alexander Ivashkin, cellist and Chair of Performance Studies and Director of the Centre for Russian Music and London’s Goldsmiths University, slammed Weinberg, charging that “his works only served to kill off Shostakovich’s music, to cover it over with a scab of numerous and bad copies.” And Thure Adler, Julia’s husband and unofficial manager, in referring to Weinberg’s viola sonatas, admitted that they “do not qualify as easy listening.” But others, including Hartmut Rohde, called Julia’s recordings “a once-in-a-hundred-year’s event for the world of the viola;” and Andreas Reiner, professor of violin and first chair of the Rosamunde Quartet called the recordings “a musical mighty deed.” In the end, with whichever side one chooses to make camp, the large body of Weinberg’s work, which includes 22 symphonies and 17 string quartets, cannot be ignored; and indeed it hasn’t been by a number of companies that have recorded many of his works. If you are a regular visitor to archivemusic.com, you will find Weinberg listed under Vainberg.
The 1945 Sonata for Clarinet and Piano, played here in transcription for viola, is a fairly early work by the 26-year-old composer, and is, of the works recorded on these discs, the most clearly imitative of Shostakovich, as well as the most easily assimilated by the ear on a first hearing. As many years as the composer had been alive in 1945 would pass before he wrote his first sonata for viola solo in 1971. The three additional solo sonatas would follow in 1978, 1982 and 1983, and are among his later to late works.
As with all such compositions for solo string instruments—from Biber and Bach to Reger and Ysaÿe—Weinberg’s scores present thorny technical challenges to the player in terms of double-stopping, awkward fingerings and bowings, and tricky string crossings. To the listener, they can present challenges as the ear tries to sort out melodic strands and harmonic implications. On both counts, I found Weinberg’s essays for solo viola no more or less daunting than Reger’s Suites for Solo Viola or Ysaÿe’s Sonatas for Solo Violin. To be sure, Weinberg’s harmonic palette relies heavily on sharply clashing minor seconds, major sevenths, and other dissonant constructs, such that after repeated exposure the ear comes to accept them as being consonantly stable, thereby allowing phrases and, in some cases movements, to end on cadences that would ordinarily be considered unresolved in traditional tonal harmony—the phrase ending on a minor seventh double-stop, E-D, in measure 19 of the first sonata’s first movement being one example.
It would be a stretch, however, to pin Weinberg with the label avant-garde. His music may be freely tonal, but it is not in the atonal style of Schoenberg, nor does it fall into any readily classifiable mid- to later 20th-century “ism.” Much about it is Russian in the way that Shostakovich is Russian—dark, brooding, and at times bitter, ironic, and mocking. If I had to put Weinberg into historical context, I’d say that he and Galina Ustvolskaya (also b. 1919) were in the first flank of post-Shostakovich Soviet modernist composers that gave rise to the likes of Boris Tchaikovsky (1925–1996), Denisov (1929–1996), Gubaidulina (b. 1931), Schnittke (1934–1998), Kancheli (b. 1935), Silvestrov (b. 1937), and Tischenko (b. 1939).
Fyodor Druzhinin (1932–2007), whose name may not be as familiar as some of those cited above, may nonetheless be included among them. His primary career pursuit, however, was that of violist who replaced Vadim Vasilyevich Borisovsky as a member of the Beethoven Quartet in 1964. It was Druzhinin for whom Weinberg wrote his Sonata for Viola Solo No. 1, and it was Druzhinin who edited and published the score and recorded it for LP. His own Sonata for Viola Solo heard here is much in the same vein as Weinberg’s solo sonatas.
Julia Adler’s viola is not identified, but on its C and G strings it produces a tone of such amplitude and fullness that one might be fooled into thinking it was a cello, while even in the highest reaches of its A string there is never the slightest hint of that pinched, nasal quality that can blanch the instrument’s sound. But the viola doesn’t play itself, and for these truly astonishing and magnificent performances, Adler must be given her due. I would have to agree with the above-quoted Andreas Reiner called Adler’s performances “a musical mighty deed.”
The second headnoted album, titled “Keepsake of Modern Age,” is all over the musical map, and may possibly appeal to more catholic tastes. Despite the disc’s title, and the fact that all of the pieces on it do indeed date from the 20th-century, not all are “modern” in the sense that is usually attributed to that label. For example, the CD opens with a Duo-Sonate for viola and cello by Otto Siegl (1896–1978). It’s a five-movement “neo-Baroquish” suite-like affair that contains some very lovely and expressive Romantic writing. The composer is even quoted as having said, “My music is not actually ‘modern’ as such, and will be just as valid in years to come.” Like the mute swan that only upon death “sang once and thus he sang no more,” Siegl seems not to have been heard from again. Very little is known of him, other than the fact that he was born in Graz, Austria, and served as the town orchestra’s concertmaster before he moved to Cologne where he taught at the conservatory and conducted the orchestra there from 1942 until the end of the war. I wasn’t able to find much information on Siegl beyond that which Christoph Schlüren’s booklet note offers. But what I did discover on my own was that Siegl wrote an opera, several oratorios, three symphonies, two concertos, one for piano and one for violin, several miscellaneous orchestral works, five string quartets, and a number of songs. Yet nothing of his output other than this duo for viola and cello is listed. Artists and record company execs, are you paying attention? Here is fertile soil for tilling.
The other two unfamiliar composers here are Günter Raphael (1903–1960) and Siegmund Schul (1916–1944). Raphael had a bit more of a run. His first symphony was premiered by Furtwängler in Leipzig in 1926, and one of his star pupils was Kurt Hessenberg. But being declared a half-Jew in Nazi Germany didn’t help his career. Nonetheless, Raphael managed to compose five symphonies, concertos for violin and organ, half-a-dozen string quartets, and a considerable volume of chamber music for various combinations of instruments. A handful of his works have been recorded.
Schul was not so lucky. Born in the Saxon town of Chemnitz, he moved to Prague, where he befriended composers Alois Haba and Viktor Ullmann. Schul’s output, however, is small; for in 1941 he was deported to the Theresienstadt concentration camp, where he died three years later at the age of 28.
The remaining composers on the disc are of a familiarity that their bios needn’t be elaborated. Nor are any of the pieces chosen here—not even Bukoliki by Lutosławski, a composer usually associated with the Polish avant-garde—of an uncompromisingly modernistic bent. Some, in fact, like Rebecca Clarke’s Lullaby and moments from Raphael’s Duo are infused with a great deal of Romantic passion, while Milhaud’s Sonatine and Schul’s Chassidic Dances are thoroughly charming and delightful.
Once again, Julia Adler rises to the occasion, turning out some of the most gorgeous viola playing to be had on disc, and every bit her match is cellist Thomas Ruge. Also deserving of honorable mention is pianist Jascha Nemstov who accompanies Adler on the Weinberg album in the transcription of the clarinet sonata for viola and piano. The Neos CDs are beautifully recorded, presenting the players in exceptionally crisp, clean sound. Admittedly, the Weinberg works will take a little effort to come to terms with, but are bound to be worth it in the end. Both of these releases receive strong recommendations.
Jerry Dubins
01/2010
VERGETEN MODERNEN: ALTVIOOL/CELLO DUO’S
Onder de titel Keepsake of modern age biedt het Duitse label op basis van opnamen van de Deutschlandfunk een omnibus van hier waarschijnlijk zelfs bij menige altist en cellist onbekende werken van bekende en haast onbekende componisten. Gemeen hebben ze dat ze op Milhaud’s Sonatine uit 1959 na alle in de eerste helft van de twintigste eeuw werden geschreven. Aardig zijn vooral Rebecca Clarke’s Lullaby and Grotesque en Lutoslawski’s Bukoliki. Substantiëler zijn de ook boeiende werken van Siegl, Raphael en Milhaud. De warme klanken van een gelukkig niet zanderig klinkende alt en een gulle cello vallen aangenaam op het oor. De muziekjes spreken onmiddellijk aan, zijn in gangbaar idioom geschreven, voortreffelijk uitgevoerd en opgenomen. Een leuke cd om bij brokjes tegelijk te genieten en misschien een inspiratiebron voor alt- en cellostudenten, op zoek naar minder voor de hand liggend moois.