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Salvatore Sciarrino: Piano Works

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Artikelnummer: NEOS 11124 Kategorien: ,
Veröffentlicht am: Oktober 18, 2013

Infotext:

VOM SEIN IN WANDEL UND UNGEWISSEM

Salvatore Sciarrinos Musik hypnotisiert. Oft scheint es, als verdanke sie sich nicht mühseligen Akten des Komponierens, sondern sei ins Hier und Jetzt gebannt als Echo verborgener Mysterienspiele. Dann wieder vermeint man Zeuge vulkanischer Experimente zu werden, wohne bedrohlichem Gebrodel bei, wie es erklingt, wenn Wasser und Feuer, festes und luftiges Element in tellurischen Tiefen sich mengen. Wer solcher Musik als Interpret gerecht werden will, muss etwas verstehen vom Handwerk des Magiers.

Synästhetisch empfindender Künstler der er ist, kennt sich Sciarrino auch in den aktuellen Diskussionen der Naturwissenschaften aus – es gehe um Chaostheorie oder Emergenzphänomene, um biologische Prozesse oder die Interdependenzen zwischen Winzigstem und Erhabenem. Malend von Kindesbeinen an, liebt er das Unendliche im Wesen der Farben. Moderne Literatur, die Mythen der antiken Griechen, die klassische und die vorsokratische Philosophie gehören zum Fundus, aus dessen Geist seine Ideen inspiriert sind. In Sciarrinos Musik durchdringen sich Rationalität und die Ahndungen einer perzeptiven Sinnlichkeit, welche noch feinste Beben in den Nischen des Seins zu registrieren vermag und ihr Nachzittern im Numinosen, Unheimlichen, Dämonischen. Mag sein, dass Sciarrino ein neuzeitlicher Bruder des prophetisch beseelten Denkers Empedokles ist, der seinerzeit auf Sizilien geboren wurde, wie er selbst. Von Parmenides, den Pythagoräern und den orphischen Mysterien beeinflusst, hatte jener die Mannigfaltigkeit empirischer Erscheinungen aus den ewig sich ändernden Mischungsverhältnissen der Elemente erklärt. Hass und Liebe fungierten in seinem Kosmos als trennende oder verbindende Agenzien. Und – Schicksalskulissen – es wirkten ihm die Kräfte des Lichts und »…der einsamen, blindäugigen Nacht«.

Auch mit dem Klavier, das in seinem umfangreichen Œuvre eine vergleichsweise kleine Rolle spielt, unternimmt Sciarrino Exkursionen in Bezirke des Ungewissen. Unter Einsatz raffinierter Pedaltechniken oder subtil inszenierter Klangschattenresonanzen gelingt es ihm auf fantasievolle Weise, das Manko der distinkten Einzeltöne kompositorisch zu untergraben. Seine Sonaten und kürzeren Einzelstücke wirken wie entrückte Geschehensräume. Formal bezwingend gestaltet mit Anfang und Ende, mit ausbalancierten Phasen von Akkumulation und Ausdünnung, dynamischen Kontrasten und subkutanen Energieströmen, sind sie zugleich gespeist vom Infinitesimalen, das in Unschärfen und in der Stille wohnt. Es sind Exemplifikationen mentaler Erlebenswelten: voll von Ungewissheiten und latenter Panik, quasi kontinuierlich sich weiter generierend aus den Bedingungen halluzinierter Ingredienzien.

Um dem Filigran der Texturen, die sich in der Sonate Nr. 1 (1976) entfalten, Leben einzuhauchen, muss dem Interpreten eine atemberaubende Virtuosität zu Gebote stehen. Sotto voce, unruhig dem bebenden Nichts der Tiefe entströmend, regen sich verwischte Klangwellen, deren Mäander sich bald zu molluskenhaften Wolkengebilden auswachsen. In linearer Mechanik glitzern chromatische Läufe auf, die unversehens wieder in Trillern verebben. Schließlich entspinnen sich beseelte Phasen zweistimmiger Invention. »Da erhielt« – so Empedokles – »die Erde voller Freude in ihren schönbrüstigen Schmelzöfen Teile vom Glanze der Wasser und des Feuers; da wurden die weißen Knochen durch den Leim der Harmonia göttlich zusammengefügt«.

Von anderer Erscheinung ist die Sonate Nr. 5 (1994): Trocken hingetupfte Signale aus gegenläufigen Vierundsechzigstel-Gebilden machen hellhörig. Was sich regt in lichtloser Nacht sensibilisiert die Imagination. Sind es unstete Geräusche einer fremden, ihrerseits witternden Spezies? Entfaltet sich eine wie von Spasmen verzerrte Motorik des schlechthin Albtraumhaften? In tiefsten Registern dann repetitives Pochen, Episoden chromatisch-skalaren Wetterleuchtens. Das Spiel der Energien verdichtet sich, lang aufgestaute Spannungen entladen sich in Zonen exzessiver dynamischer Kontraste.

Dem Ausdrucksbogen nach spartanischer, jedoch von vergleichbarer Sonorität, die eingespielten Notturni (beide 1998). Keineswegs beschwört Sciarrino mit diesen Miniaturen jenen wärmenden Trost herauf, den man so gern assoziiert mit lunar erleuchteten Sommeridyllen unter dem abendlichen Firmament. Die Szenerien haben etwas Klaustrophobisches. Orpheus hat sich in einem unbekannten Labyrinth verlaufen. Er lauscht. Wir lauschen. Ist es der gebrochene Widerhall eigener Schritte? Das Lauern bedrohlicher Insekten? Mit stumm in Gegenbewegung zu den Klangspuren ausgeführten Cluster-Glissandi ermöglicht Sciarrino im Notturno Nr. 1 chimärenhafte Resonanzeffekte.

Das Ausreizen feinster Tonqualitäten in extremen Registern des Klaviers, morphologische Ambivalenzen und ein quasi psychedelisches timing – auch mit den spukhaften inszenierten Klanggesten in Notturno Nr. 3 verunsichert Sciarrino eingefahrene musikalische Rezeptionsmuster, provoziert er hellwaches Horchen nach Außen wie Innen.

Perduto in una città d’acque (Verloren in einer Stadt des Wassers, 1991) – eine ozeanische Phantasmagorie. Als schwebe man, der Zeit enthoben, irgendwo zwischen ewiger Nacht und dem Schimmer sphärisch gedämpfter Lichter in aquamarinen Weiten. Ein leiser Klangraum, der relativen Spanne nach vom Kontra-C in der Tiefe bis zum c’’’’’ in hellster Höhe reichend, wird etabliert, doch oben wie unten durchlässig. Koordinaten aus C klingen an in wechselnden Koppelungen. Was tönt, ist zart in sich bewegt, wie in Resonanz mit einer fernen Dünung. Weich wird es durchflutet von entmaterialisierten Terzklängen in weitesten Lagen – E-gis oder D-fis. Aber dann auch beunruhigend ins Bewusstsein sich schleichende Kassiber: Botschaften wie aus den Registern einer längst versunkenen Zivilisation der Weisen und Narren. Eine Weile lang kann man sie hören.

Helmut Rohm

Programm:

[01] Notturno N. 1 (1998) 04:44

[02] Notturno N. 3 (1998) 06:16

[03] V Sonata (1994) 16:35

[04] Perduto in una città d’acque (1991) 08:45

[05] I Sonata (1976) 22:29

total time: 59:19

 

Florian Hoelscher piano

Pressestimmen:

05/15

In der Arena der Klänge
Der Pianist Florian Hoelscher im CD-Porträt

Den guten Virtuosen erkennt man daran, wie er das Einfache spielt. Etwa die langsamen Sätze von Mozart. Oder, was unsere Zeit angeht, Salvatore Sciarrinos Klavierstück „Perduto in una città d’aque“. Es besteht im Grunde nur aus einer Säule von Oktaven über dem sehr tiefen C und daum herum ein Netz von sparsam gesetzten, über die ganze Tastatur ausgebreiteten Einzeltönen. Florian Hoelscher bringt das knapp neunminütige Stück auf exemplarische Weise zum klingen.

Aus dem nackten Tongerüst entsteht ein vielfarbiges Klanggemälde, durch die spannungsvolle Zeitdisposition, die Tiefenstaffelung der Klange und ihre unterschiedliche Gewichtung wird der Raum nach allen Seiten ausgeweitet. Die raffinierte Pedalisierung und die Resonanzen einzelner nachklingender Saiten bringen eine ganze Welt von Obertönen zum Leuchten.
In der Unwirklichkeit dieser Unterwasserstadt, einer reduktionistischen Fortschreibung von Debussys „Cathédrale engloutie“, fült man sich beim Hören tatsächlich verloren, aber auf angenehme Art. Die selbe Gestaltungskraft macht sich bei den anderen Stücken auf dieser Sciarrino-CD bemerkbar: in den glitzernden Klangkaskaden der Ersten Sonate von 1976 ebenso wie in den beiden Notturni und der mit ihnen verwandten Fünften Sonate aus den neunziger Jahren, deren abgerissene Kleinfiguren zu einer lebhaften Klangerzählung verkettet werden. […]

Max Nyffeler

26.12.2014

Sciarrinos schattenhafte Szenerien

Salvatore Sciarrinos Musik bespielt die unscharfen Zonen zwischen dem gerade noch Hörbaren und dessen Verschwinden in den Tiefen des Klangraums. In ihren schattenhaften Szenerien ereignen sich flüchtige Momente von einfacher Klarheit, welche – gleich wieder entschwunden – die sich ausbreitende Stille geheimnisvoll schillern lassen. Die beiden Notturni, mit denen Florian Hoelscher seine Auswahl von fünf Klavierstücken Sciarrinos eröffnet, führen unmittelbar in das musikalische Universum des italienischen Komponisten. Fallende Klanggruppen verlaufen im Notturno N. 1 gegenläufig zu einem stummen aufsteigenden Cluster-Glissando, und unter den perlenden Bewegungen öffnen sich vielfarbige Hallräume. Hoelscher nimmt das «vivo volando» der Partitur eher ruhig – zugunsten sehr klarer Artikulation und sorgfältiger klanglicher Auslotung. Auch im Notturno N. 3 überzeugt er mit seinem Willen zur Transparenz. Reduzierter als das erste Notturno, provoziert seine dynamische Gestaltung ein gespanntes Hinhören, welches dem Geschehen an die perzeptiven Grenzen zu folgen bereit ist. Ein schöner Bogen ergibt sich zwischen den vier Kompositionen aus den 1990er Jahren und der Sonata I aus dem Jahr 1976. Auch hier trifft man auf flinke Klangfiguren, die Hoelscher in seinem Spiel brillant entfesselt. Die Komposition erweist sich bald als rasantes Virtuosenstück, das in der Dichte seiner Bewegungen mit den jüngeren Kompositionen dann aber deutlich kontrastiert.

tbg


15.12.2014

Entre los compositores italianos de música contemporánea no proliferan los que tengan como obras más definitorias o sustantivas partituras para piano solo (con algunas excepciones, como la soberbia …sofferte onde serene… (1974-77) de Luigi Nono). Salvatore Sciarrino (Palermo, 1947) no es una de esas excepciones, como podemos comprobar en este nuevo monográfico de su obra para piano, con dos de sus sonatas, dos de sus nocturnos y una de sus piezas más conocidas para teclado: Perduto in una città d’acque (1991)…

Perduto in una città d’acque ha sido definida por Helmut Rohm como una fantasmagoría que recuerda a una civilización de sabios extinta, evocación quizás de la Atlántida. Es una de las piezas con una sonoridad más diferenciada de las reunidas en este compacto, más roma y redondeada, como si trazara en música el dibujo que en la superficie del agua las ondas creasen al percutir las teclas contra la líquida superficie del arpa del piano. Es una pieza, igualmente, más cálida que el resto, con un uso del pedal más resonante y atmosférico, trazando una masa densa, asible, sobre la que van emergiendo fraseos, sentencias que rápidamente se disuelven en esa sustancia de base hasta la última frase aguda por contraste con esa masa grave, que rubrica la partitura.

La I Sonata (1976) es la obra más extensa del compacto, con sus 22:29 minutos de duración, y también aquélla en la que comprobamos hasta qué punto en el piano la escritura de Salvatore Sciarrino no era por aquel entonces ni mucho menos tan personal como la que ya se asomaba tanto a sus piezas vocales como, de forma muy especial, a sus piezas para instrumentos de cuerda, como muestran los Sei quartetti brevi (1967-92) o los soberbios Tre notturni brillanti (1974-75) para viola sola. Esta I Sonata anticipa, de algún modo, el modelo de Perduto in una città d’acque, por su carácter ondular y la proliferación de fraseos dal niente (y diría que hacia la nada), si bien carece de esa base densa que se aprecia en la partitura de 1991. A pesar de su extensión y de una mayor variedad de registros y tesituras, la obra no resulta tan atractiva como la pieza acuática; en su concentración, más compacta y expresiva en su progresivo desplome hacia lo más grave del piano, hacia una región oscura que sería antitética con respecto a la rúbrica de Perduto in una città d’acque.Casi veinte años posterior, la V Sonata (1994) ahonda en los caminos previos, sintetizándolos y abriéndolos, aunque sigamos sin encontrar la rotunda personalidad del Sciarrino para voz y ensemble. Las figuraciones se multiplican ahora, fluctúan de un modo más multidireccional y proliferante. Se asoman, igualmente, escalas cromáticas que nos harán recordar a Olivier Messiaen, una de las presencias gravitantes sobre el piano de Sciarrino, como un incisivo martellato bartokiano (también Kurtág, de algún modo, se percibe en esta música). De nuevo, hay un uso del pedal que crea masas graves sostenidas desde las que proliferan fraseos, en esta sonata más contrastados en dinámicas y accelerandi.

Por último -aunque primeras obras del compacto- visitamos los mucho más breves Notturno N±1 (1998) y Notturno N±3 (1998), de entre 4 y 6 minutos de duración, con principios compositivos muy cercanos a la V Sonata, lo que hace estas partituras un tanto cansinas por la revisitación de procedimientos en un lenguaje que no nos fascina como otros Sciarrinos más sciarrinianos… Vuelve a destacar aquí el uso del pedal, la reverberación, el juego entre fondo y primer plano, la diferenciación entre texturas amalgamadas y fraseos, entre lo nebuloso y lo definido, juego de trazos y volúmenes especialmente pertinente en una pieza nocturna, con sus misterios y figuraciones engañosas.

En cuanto a la discografía para piano sciarriniana, destacaba sobremanera el registro efectuado entre 1991 y 1992 por el italiano Massimiliano Damerini para el sello Dynamic (S 2015), donde se incluían, entre otras partituras (en primeras grabaciones mundiales y obras dedicadas al propio Damerini) tanto Perduto in una città d’acque como las cuatro primeras sonatas para piano. La interpretación en NEOS corre a cargo de Florian Hoelscher, que se muestra más lírico y carnal frente al más ascético Damerini, que imprime al piano de Sciarrino un deje bouleziano más marcado, haciendo de sus fraseos y líneas emergentes cuerpos sonoros vinculados al puntillismo por estructura, principios y estilo. Quizás la de Damerini sea una lectura más afín a algunas de las fechas de composición de las primeras piezas para piano del compositor de Palermo, mientras que las versiones de Hoelscher resulten más actuales, desde un enfoque más personal y libre (véase, por ejemplo, su dilatación de la I Sonata, que sobrepasa los 22 minutos, por los casi 13 de Damerini). Hay una calidez mayor en este álbum de NEOS, un sentido más mediterráneo, unas densidades caniculares; perfectamente compatibles, en todo caso, con la mayor frialdad de Damerini, en lecturas más cerebrales.

La grabación de NEOS está en plena sinergia con la interpretación de Florian Hoelscher, por cuanto amplía el registro de forma muy natural y generosa para dar cabida a unas resonancias graves, a un aliento del murmullo generado por el pedal que se agradece y penetra en los más recónditos paisajes de estas partituras. En este sentido, la toma de sonido es más agradable que la de Dynamic, más cómoda para el oído y respetuosa con el carácter del piano. La edición del compacto es la clásica de NEOS, con un interesante ensayo a cargo del productor del disco, Helmut Rohm, por momentos un tanto divagante, además de fotografías y los habituales fragmentos de partituras, muy reveladores, ya sea en los grupos cristalizados de la V Sonata o en la última página de la I Sonata, a cuyos compases finales se asoma como un eco el fantasma de la monumental Sonata en si menor (1852-53) de Liszt, incorporando así más presencias a esta fantasmagoría sciarriniana (un Sciarrino, en todo caso, menor).

Este disco ha sido enviado para su recensión por La Quinta de Mahler

Paco Yáñez

Agora Classica, England

More than just a composer’s composer, Sciarrino continues to be a unique voice, weaving beguiling, intricately detailed tapestries of sound. Hoelscher is an ideal interpreter, alive to the particular blend of hypnotic sonority, resonant silence and sly humour. Sonatas 1 and 5 are the major pieces here but, of the fill-ups, it is two of his Nocturnes that most captivate mind and ear.

GUY WEATHERALL

11.08.2014

26.04.2014

03/2014

02.2014

[…] erfordert eine höchst differenzierte, zu minimalen Dynamikschattierungen fähige Anschlagskunst. Der Pianist Florian Hoelscher, einst Schüler von Robert Levin, Michel Béroff sowie Pierre-Laurent Aimard und heute Professor für Klavier- und Kammermusik in Luzern, verfügt über die dazu nötige Feinnervigkeit […]
Faszinierend ist, wie Florian Hoelscher bei seiner Interpretation dieses Werks dem Flügel schillernde und oszillierende Klangfarben entlockt, die auch ohne klare thematische Kontur anzunehmen über einen langen Zeitraum zu fesseln vermögen. […]

Gerhard Dietel

Musik:
Technik:
Booklet:

04.2014

[…] Mit ausgeklügelten Pedaltechniken ist [Salvatore Sciarrino] aber auch auf dem Klavier der Flüchtigkeit und Zerbrechlichkeit des Klanges auf der Spur. Spukhafte 64tel-Figuren, die über einen Nebel aus Resonanzen schweben, beherrschen nicht nur die beiden „Notturni“ […], sondern auch die Sonate Nr. 5 […]. Ganz anders die frühe Sonate Nr. 1 (1976): Chromatische Klangwellen ergießen sich mit halsbrecherischer Virtuosität über den Hörer, flüchtige Wolken aus Klang, die entstehen und vergehen – eine Apotheose impressionistischer Klangtechniken. […]

Dirk Wieschollek

Musik:
Klang:

18.02.2014

Hoelschers Sciarrino

Dicht gedrängt zerstieben Töne, kurz nur, dann ist nur noch ein Nachhall zu vernehmen. Immer wieder setzt Pianist Florian Hoelscher zu ähnlichen Gesten an, die ruhig und in großen Abständen die Stille zerreißen. Der Hörer kann sich dieser durch Kargheit fesselnden Musik nicht entziehen, er wird, gebannt durch eine Klanglandschschaft, die von einem unerbittlichen Licht ausgeleuchtet wird. So beginnt die 5. Klaviersonate von Salvatore Sciarrino, Jahrgang 1947, dem derzeit prominentesten Komponisten Italiens. Ganz egal, ob Sciarrino Opern schreibt, Orchester-, Ensemble- oder Kammermusik, immer schafft er solche meditativen Gespinste, die für Psychologie und Sentimentalität nichts übrighaben. Oft – wie in dieser Klaviersonate, die Maurizio Pollini vor 20 Jahren bei den Salzburger Festspielen uraufführte – gehen sie von einem Nucleus aus, der im Verlauf einer zunehmend dramatischen Entwicklung geknackt wird. Das Unerbittliche und Archaische ist diesem streng und hart konstruierenden Komponisten vertraut, daraus gewinnt er eine Magie, in der sich Bedrohung und Urvertrauen mischen. Weshalb Sciarrinos Musik sowohl bannt als auch bedroht. Nach den finalen Exzessen der Sonate wirkt „Perduto in una città d`acque“ beruhigend, bis der Hörer merkt, dass er in eine besonders heimtückische Falle gegangen ist.

Reinhard J. Brembeck

16.02.2014

Von solistischer Klaviermusik bis Kammermusik

www.deutschlandfunk.de

[…] Mit seinen Klavierwerken kreiert Salvatore Sciarrino transparente wie nebulöse Klangräume, die sich nicht nur aus dynamischen Konfrontationen speisen, sondern ihre Kraft weitgehend in Momenten der Stille entwickeln, und sich dann Raum schaffen. All das zeichnet den akustischen Zauber seiner Klänge, die so oft zum Träumen verführen und Rätsel im Verborgenen aufgeben.

Die beiden miniaturartigen Notturni Nr. 1 und 3 aus dem Jahr 1998 beschwören, so ist es dem poetischen, aber sehr komplexen Booklet Text zu entnehmen, nicht den „wärmenden Trost herauf, den man so gern assoziiert mit lunar erleuchteten Sommeridyllen unter dem abendlichen Firmament“. Vielmehr werden Gesten des Klaustrophobischen erzeugt. Das Verhältnis von Klang und Zeit gewinnt hier eigene feinnervige Dimensionen. […]


[…] „Perduto in una città d’aqua„, also „verloren in einer Stadt des Wassers“ entführt in ozeanische Welten und spielt mit zarten Bewegungsabläufen. Ein schwebender Klangraum spannt sich ziellos in kleinen Bewegungen und entfaltet Raum für Fantasie, „als schwebe man, der Zeit enthoben, irgendwo zwischen ewiger Nacht und dem Schimmer sphärisch gedämpfter Lichter in aquamarinen Welten“. Florian Hoelscher gelingt eine sehr sinnliche wie berührende Lesart.

Yvonne Petitpierre

01.03.2014

www.klassik.com

Sensibler Zugang

Der Pianist Florian Hoelscher präsentiert eine überzeugend angeordnete Auswahl aus dem Klavierwerk von Salvatore Sciarrino.

In den vergangenen Jahren haben sich die Veröffentlichungen mit Einspielungen von Werken des italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino (*1947) vervielfacht. Das besondere Interesse, das dabei der Musik für Klavier entgegengebracht wurde (obgleich dieses Instrument gegenüber Klangerzeugern mit variabler Tongebung wie der Flöte oder den Streichern eine eher untergeordnete Rolle im Schaffen Sciarrinos spielt), zeigt sich an diversen Einspielungen mit ausgewählten Klavierwerken, zu denen auch die vorliegende CD aus dem Hause NEOS gehört. Der Pianist Florian Hoelscher hat sich dabei für eine fünfteilige Werkauswahl aus zwei Sonaten, zwei Notturni und einem weiteren Klavierstück entschieden und gibt damit Einblicke in die Entwicklung von Sciarrinos Musik zwischen 1976 und 1998.

Die zu Beginn erklingenden Notturni Nr. 1 und Nr. 3 (1998), jüngste Stücke der Produktion, stecken voller Brüche: Die dynamisch präzise geformten Tonkaskaden, die in Nr. 1 von den hohen in die mittleren Register hinabgleiten, werden durch plötzlich akzentuierte Töne oder Akkorde, durch unvorhergesehene Pausen oder durch zögerndes Innehalten mitten in der Abwärtsbewegung, später dann auch durch Übernahme der Tonbewegungen ins Bassregister unterbrochen. In Nr. 3 hingegen vollzieht Sciarrino das Einbrechen des Anderen ins bereits Bekannte auf der Grundlage ostinater gestischer Elemente, die – wenn man es als Hörer zulässt – wie eine stilisierte Umformung von Klangeindrücken aus der Natur anmuten und Verlauf des Stücks vom Strom anderer Ereignisse überlagert werden.

Dass die in der Sonata V (1994) entfalteten Texturen jenen der beiden Notturni ähneln, zeigt, wie geschickt Holescher die Stücke ausgewählt hat, um musikalische Korrespondenzen zwischen den einzelnen Werken herzustellen. Sensibel spürt er hier wie dort den raschen, trockenen Tonbewegungen nach, lässt die Bassregister federnd erklingen und formt gelegentlich auch wuchtige, kantige Akkorde. Immer jedoch setzt er das Erklingende ins Verhältnis mit unterschiedlichen Arten des Nachhalls. Dementsprechend lässt sich der Pianist auch in ‚Perduto in una città d’acque‘ (1991) viel Zeit, um die Hallanteile zu modellieren und die resultierenden Klänge unterschiedlich einzufärben. Die Platzierung der mächtigen Sonate I (1976) zum Ausklang der CD ist äußerst geglückt, denn so kommt dem mit über 22 Minuten längsten und ältesten Werk im Rahmen dieser Auswahl pianistischer Werke Finalcharakter zu. Die oft rasend schnellen, ins leere laufenden Figurationen erklingen auch hier klar und präzise artikuliert.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert:
Booklet:

Dr. Stefan Drees

03/2014

El piano de Sciarrino: extrañeza y fascinación

Dentro del ya enorme catálogo de obras del maestro de Palermo el corpus pianístico propiamente dicho ocupa un espacio comparativamente reducido. Florian Hoelscher (1970), profesor de piano y música de cámara en la Hochschule Luzern, que desarrolla a su vez una intensa actividad artística en Europa y Estados Unidos, es el responsable de estas brillantes lecturas, como en su momento también lo hizo con obras de Jonathan Harvey para este mismo sello.

La música Salvatore Sciarrino  tiene la virtud de saber conectar sutilmente diferentes planos de percepción, de enlazar el micro y el macrocosmos creando sonoridades tan interiores, tan bajo la piel, que nos hablan de misterio, a veces de alucinado temblor que se proyectan hacia una dramaturgia de lo incierto, lo vago o quizá lo soñador. Entre el interior y el exterior, entre el blanco brillante y el negro profundo hay un amplio espectro de colores sugeridos nunca plenamente visibles ni audibles que el compositor nos revela sotto voce como queriendo atender sigilosamente a su nacimiento desde el silencio original. Sin embargo, su obra pianística adolece un tanto en ocasiones de algunas de estas virtudes de su personal y exquisito modo de expresarse para adoptar un lenguaje ajeno a cualquier lugar común, de mayor densidad y contundencia sonora amén de poco complaciente en la concepción y articulación de las piezas. No obstante, ello le otorga como artista un valor añadido.

Su primera Sonata fue escrita en 1976 como obra de lucimiento tanto por su extensión como por su alto grado de exigencia técnica para el intérprete. Un acentuado contraste de texturas fluctúa entre polos de trémolos y densos graves y agudos trinos nos invita a la simbólica percepción de un tensado diálogo entre el fuego y el agua. Brillantes escalas de color se van abriendo en flexible e ingrávida filigrana esparciéndose por el espacio con gesto libre y luminoso en una suerte de jeux d´eau que regresa hacia su final a las tesituras graves del comienzo apagándose poco a poco.
Sin embargo, la muy posterior V Sonata (1994) difiere enormemente de lo anteriormente dicho y la escritura se torna más ruda adquiriendo tintes de mayor radicalidad. Ahora el severo contraste dinámico, la pulsación obsesiva y martilleante se nos revela como incómoda e inquietante presencia. Los fraseos y los acordes se entrecortan, quedan flotando y palpitan en el espacio vacío, la atmósfera cae en lo claustrofóbico y el desarrollo se hace con paso espasmódico como si a tientas se avanzara en la tiniebla.

Los más breves Notturno N.1 y Notturno N.3, ambos fechados en 1998, presentan bastantes similitudes en su escritura y modo expresivo. Al margen de cualquier connotación romántica y de su casi rotunda sencillez estructural, la atmósfera del primero vuelve a lo desconcertante en su atmósfera obsesiva construida con clusters y glissandi, mientras que el tercero, de refinada escritura en registros extremos, parece revivir la extrañeza de intranquilas presencias y sombras en una ensoñación nocturna.

Perduto in una cittá d´acque
 (1991) invita a detener el tiempo en un pausado goteo de notas que nos permite imaginar una mítica ciudad perdida en la se perciben lejanamente luces en una noche infinita de transparencias, sombras y silencio. Esta fascinante y meditativa pieza la conocíamos en la extraordinaria lectura que de ella hizo para el sello Col-legno Marino Formenti en la que la resonancia interna del piano cobra un protagonismo esencial. Sea cual fuere la versión, no dejen de escucharla.

Manuel Luca de Tena

12/2013, Sémele Número 3

La música de Salvatore Sciarrino tiene algo de hipnótico. A menudo parece que no sea resultado de unos complejos procesos compositivos, sino que haya sido conjurada aquí y ahora como eco de ciertos misterios ocultos. El piano es el instrumento elegido para sus exploraciones por los territorios de lo incierto. Mediante sofisticadas técnicas de pedal o el sutil empleo de resonancias consigue, con enorme imaginación, socavar compositivamente el peso de unas sonoridades aisladas y diferentes, evocando espacios de acontecimientos sustraídos al mundo.

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