Vito Žuraj, Eduard Demetz, Claus-Steffen Mahnkopf, Arturo Fuentes, Luka Juhart: Luka Juhart – Deconstructing Accordion

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Artikelnummer: NEOS 11407 Kategorie:
Veröffentlicht am: September 25, 2014

Infotext:

DAS AKKORDEON DEKONSTRUIEREN

Luka Juhart knüpft bei diesen Klangaufnahmen dort an, wo er in seinem ersten Album Dialog aufhörte. Er stellt von neuem die für ihn geschriebenen Kompositionen vor: die Kompositionen, die er mitgestaltete und bei deren Revisionen er mitwirkte, und Kompositionen, die ihn beeinflussten. Erneut gibt es Kommunikation zwischen den Komponisten und dem Interpreten, nur ging Luka Juhart diesmal einen bedeutenden Schritt weiter, indem er noch tiefer ins musikalische Schaffen eintauchte und mit seiner ersten Komposition hrUP eigene schöpferische Impulse vorstellte.

Der Titel der vorliegenden CD stammt von einem der letzten Kontakte Juharts mit zeitgenössischen Komponisten, nämlich von Claus-Steffen Mahnkopfs Komposition deconstructing accordion, eine Komposition hochkomplexer Verfahren, in der der Komponist auch die Notation zersetzt und Tonstrukturen, Dynamikschwankung und Artikulation getrennt aufzeichnet. All das mit der Absicht, eine neue klangliche Essenz des Akkordeons zu öffnen. Dekonstruktion ist bei Mahnkopf nämlich nicht einfach Destruktion, Zerstörung. Bereits Jacques Derrida behauptete, das Zerlegen, das Zersetzen von Struktur sei nicht unbedingt eine negative Handlung; mehr als zu zerstören gelte es zu verstehen, wie eine Ganzheit gebildet wurde und diese Ganzheit deswegen neu zu bilden, erklärt dieser philosophische Vertreter der Dekonstruktion.

Die neue klangliche Ganzheit des Akkordeons wird auf der CD mit musikalischen Ideen gebaut, die zu Unrecht meist am Rand des klanglichen Horizonts des Instruments blieben, ungenützt oder gar irgendwo zwischen den Knöpfen, Klappen, schwingenden Durchschlagzungen und dem Balg. Wie bei Mahnkopfs virtuoser Komplexität wird das Akkordeon im Werk von Eduard Demetz von der Klangfilterung des Instruments zersetzt und neu zusammengesetzt, Fuentes entblößt die Klangfülle des Mechanismus des Akkordeons, während Žuraj den Versuch unternimmt, es dem Eindruck reiner klanglicher Sinusschwingung anzunähern. In seinem Werk hrUP lauscht Juhart aufmerksam dem noch nicht offenbarten klanglichen Kern, auch mit neuen, dem Akkordeon eigenen Effekten, mit der Stimme, den Pfiffen, dem Atem, den Geräuschen und mit dem Röcheln der Mundhöhle. Hier erweitert und verlängert der Musiker – Erfinder neuer stimmhafter und rauschender Formen und deren unmittelbarer Produzent, also der Musiker im vollständigsten Sinn – endgültig die klangliche Welt seines zersetzten Akkordeons.

Primož Trdan

VITO ŽURAJ
Silhouette
 (2012)

Das Werk Silhouette beginnt mit den einstimmigen melodischen Linien im Umfang von mehreren Oktaven, die ich mir als Konturen von abstrakten Reliefen vorstelle. Die in den ungleichmäßigen rhythmischen Mustern verlaufenden Melodien bestehen hauptsächlich aus Quarten und Quinten. Diese Strukturen haben ihren Ursprung in einem glücklichen Zufall während meines Aufenthalts im EXPERIMENTALSTUDIO des SWR Freiburg 2010. Beim Experimentieren mit Violoncello und Live-Elektronik tauchten als Ergebnis plötzlicher Rückkopplung sprunghafte Sinuston-Kaskaden auf, die ich aufgenommen, analysiert und anschließend als Material für mein neues Werk verwendet habe.

EDUARD DEMETZ
4 Tracks für Akkordeon und Samples
 (2013)

Die 4 Tracks sind eine Hommage an den Akkordeonisten Luka Juhart. Seine Suche nach instrumentaler Perfektion, seine Differenziertheit in der Tongebung sowie seine experimentierfreudige Elastizität im Umgang mit Zuspielklängen haben mich dazu motivert, diese vier Stücke zu komponieren. 4 Tracks ist ein Werk fragmentarischen Charakters, das von der spielerischen Lust am »in die Tasten greifen« lebt. Die Zuspielklänge wurden durch eine im Vorfeld erstellte und elektronisch bearbeitete Aufnahme von Teilen des Akkordeonparts erzeugt. Die elektronische Bearbeitung erfolgte mittels Sonogrammanalyse und darauf folgender Filterung der Originalklänge des Akkordeons.

Track 1 steht im Zeichen der klanglichen Eruptivität. Er ist ein Wechselspiel der dynamischen Ausbrüche, die sich das Akkordeon und die zugespielte Klangbahn gegenseitig anbieten oder streitig machen. Track 2 beginnt mit einer zum Klangteppich sich entwickelnden filigranen Bewegung im höchsten Register und mündet, nach einer sich aufbäumenden Steigerung von bellows shakes, in eine virtuose stretta von zwei eng ineinander verschränkten Linien. Track 3 wirkt durch eine Abfolge von sich überlagernden und immer dünner werdenden Akkorden wie ein Ruhepol. Track 4 steht im Zeichen der rhythmischen Irregularität. Ständige Akzentverschiebungen leiten über in eine Kaskade von bellows shakes, ineinander greifenden Akkordgruppen und cluster-Folgen. Allmählich verflüchtigt sich der Klang und übrig bleibt ein leises wirres Spiel von Dur-, Moll- und Septakkorden.

CLAUS-STEFFEN MAHNKOPF
deconstructing accordion
 (2000/01–2008)

Im Sommer 1997 fragte mich ein damals sehr aktiver Akkordeonist nach einem Solowerk, damit, so der Gedanke, es endlich aus der »komplexen Schule« ein entsprechendes Werk gebe. Ich sträubte mich zunächst, war aber 2000 damit einverstanden, nachdem der SWR Stuttgart zu einem Auftrag bereit war. Ich komponierte das Werk um die Jahreswende 2000/01 herum. Leider misslang die Uraufführung, weil der Interpret sich weigerte, die Partitur zu realisieren bzw. an dieser mit dem Komponisten zu arbeiten. Mit der Premiere war die Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten und dem Interpreten folgerichtig auch beendet. Erst viele Jahre später fand ich in dem jungen Luka Juhart einen mutigen und unerschrockenen Virtuosen, der sich meiner Partitur annahm. Dank ihm konnte ich eine endgültige Version erarbeiten, welche die ursprüngliche ersetzt und ab jetzt die allein verbindliche ist. Insofern ist die »gültige« Uraufführung diejenige vom 23. Oktober 2011 in Leuven.

Das Werk ist von eminent theatralischem Impetus. Der Interpret zersetzt gleichsam das Instrument, an dessen klanglichen und spieltechnischen Rändern er sich bewegt, so dass er von diesem Instrument in gleichem Maße zersetzt wird. Insofern ist das »deconstructing accordion« auch ein »accordion deconstructing«. Ich bin sehr froh, dass Luka Juhart, dem das Werk gewidmet ist, die schwierige und langwierige Geburt dieses Werks gelungen ist.

ARTURO FUENTES
Getmove
 (2011, rev. 2014)

Eine der Eigenschaften dieses Musikstücks ist seine Geschwindigkeit. Ich bin am Schaffen einer sich bewegenden Textur interessiert, die mehrere Klangdimensionen enthält: wir hören das Geräusch der Tasten, das mit der Luft und dem wirklichen Klang vermischt ist. Ich interessiere mich auch für die düstere Farbprojektion des Akkordeons in den niedrigeren Lagen; sie ist für mich wie eine Linie der Klangfarbe, die nach oben getragen wird. Wie in anderen Werken werden auch in diesem Werk Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten, Dichte und Leichtigkeit in den Mittelpunkt gestellt. Getmove wurde 2011 komponiert; in den folgenden Jahren korrigierte ich das Werk mehrmals, die letzte Fassung entstand im Jahr 2014.

LUKA JUHART
hrUP
 (2013)

Das Ziel der Komposition hrUP (Lärm) ist es, zum einen das Klangspektrum des Instruments zu erweitern und zum anderen den akustischen, visuellen und emotionalen Wirrwarr, dem wir in unserem Alltag ausgeliefert sind, zu projizieren. John Cage sagte einst: »Wo auch immer wir sind, hören wir Lärm. Ignorieren wir ihn, so werden wir davon gestört. Hören wir ihm zu, so sind wir davon begeistert.«

Ich widmete diese Komposition Vinko Globokar, mit dem ich viel zusammenarbeitete und dessen Musik ich wirklich bewundere. Er stand zudem als Komponist im Zentrum des Festivals Slowind 2013, bei dem ich diese Komposition auch uraufführte.

Programm:

Vito Žuraj (*1979)
01 Silhouette (2012) 07:59


Eduard Demetz (*1958)
4 Tracks for Accordion and Samples (2013) 12:06

02 Track 1 02:03
03 Track 2 03:31
04 Track 3 03:22
05 Track 4 03:10


Claus-Steffen Mahnkopf
 (*1962)
06 deconstructing accordion (2000/01–2008) 11:36


Arturo Fuentes
 (*1975)
07 Getmove (2011, rev. 2014) 08:42

Luka Juhart (*1982)
08 hrUP (2013) 14:11

total time 55:01

Luka Juhart accordion

Pressestimmen:

04/2015

Deconstructing Accordion
Stefan Beyer

Im vergangenen Jahr veröffentlichte der 1982 im heutigen Slowenien geborene Akkordeonist Luka Juhart seine zweite Solo-CD, mit dem Titel Deconstructing Accordion, erschienen beim Münchner Label NEOS Music. Juhart, Akkordeonist, Pädagoge und Komponist, studierte zunächst bei Hugo Noth in Trossingen, anschließend als Meisterklassenstudent bei Stefan Hussong in Würzburg. Als Solist, Kammermusiker oder Ensemblemitglied in größeren Besetzungen wirkte er bei nicht weniger als 40 Uraufführungen mit, z.B. 2010 in Donaueschingen an der Seite des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg bei der Premiere von Vinko Globokars 45-minütiger Komposition Radiographie d’un roman. Juhart, in seiner Freizeit Höhenbergsteiger, der durchaus einen Siebentausender ersteigt und auf Skiern wieder hinabfährt, programmierte für die neue CD fünf technisch hochvirtuose und musikalisch anspruchsvolle Solowerke aus den Jahren 2008 bis 2014 von Vito Žuraj, Eduard Demetz, Claus-Steffen Mahnkopf – von diesen drei Werken spielte Juhart die Uraufführungen –, Arturo Fuentes sowie sich selbst. Für den Titel seiner CD zitiert Juhart die gleichnamige Komposition Mahnkopfs, in dessen Intention, »eine neue klangliche Essenz des Akkordeons zu öffnen«, er das inhaltliche Konzept seiner Programmierung wiedererkannte.

»Die neue klangliche Ganzheit des Akkordeons «, so Primož Trdan im Vorwort des Booklets, »wird auf der CD mit musikalischen Ideen gebaut, die zu Unrecht meist am Rand des klanglichen Horizonts des Instruments blieben, ungenützt oder gar irgendwo zwischen den Knöpfen, Klappen, schwingenden Durchschlagzungen und dem Balg.« Die »klangliche Welt des zersetzten Akkordeons « entdeckt Juhart in Mahnkopfs »virtuoser Komplexität«, in Demetz’ »Klangfilterung des Instruments«, in Fuentes’ Entblößung der »Klangfülle des Mechanismus des Akkordeons« sowie in Žurajs Versuch, das Akkordeon »dem Eindruck reiner klanglicher Sinusschwingungen anzunähern.«

Vito Žuraj, geboren 1979 in Maribor (Slowenien), studierte Komposition in Ljubljana, Dresden und Karlsruhe. Aus dem Jahr 2012 stammt seine Komposition Silhouette. Das circa achtminütige Werk trägt einen belebten, fließenden melodiösen Grundcharakter. Der Fluss wird teilweise abgebremst und angehalten, mit relativ statischen und geräuschhaften Passagen wie Akkorden kontrastiert. Am Schluss verebbt die Musik in tiefen, seufzenden Klängen. Silhouette »beginnt mit den einstimmigen melodischen Linien im Umfang von mehreren Oktaven«, so der Komponist, »die ich mir als Konturen von abstrakten Reliefen vorstelle. Die in den ungleichmäßigen rhythmischen Mustern verlaufende Melodien bestehen hauptsächlich aus Quarten und Quinten.« Diese Skalen generierte der Komponist elektronisch – auf Basis einer Zufallsentdeckung, als Transkription von eigentlich unerwünschten Nebengeräuschen während der elektronischen Produktion eines früheren Werks. Abweichendes Material (z.B. Akkorde und Repetitionen, perkussive Strukturen oder ein feiner, hoher, liegender Pfeifton, dazu einzelne tiefe, leise Seufzerglissandi) führt der Komponist behutsam ein und entwickelt es im späteren Verlauf.

Die bestimmende hektische melodische Linie erscheint (ungefähr bei Minute 2:30) zweistimmig, als Unisono im Abstand mehrerer Oktaven – ein bekanntes Element aus Žurajs kompositorischem Repertoire. (In seinem Werk CHANGEOVER aus dem Jahr 2011 für Instrumentalgruppen und Orchester instrumentiert er eine ganz ähnliche Struktur wirkungsvoll für Piccoloflöte und Kontraforte.) In der Mitte des Stücks führt Žuraj die bewegte Melodik in eine erregte perkussive Textur, in der Klopfen, Klappern, (Luft-)Knopfgeräusche eine nervöse Struktur bilden. In der letzten Minute kommen noch einmal die tiefen Glissandi, langgezogen, dazwischen Pausen. Erneut brechen scharfe Akkorde hervor, aus ihnen steigt die Tongirlande letztmals in die Höhe. Danach ein letzter tiefer, leiser, seufzender Klang. Klappernde Knöpfe. Schluss.

Eduard Demetz, 1958 geboren, studierte Klavier und Dirigieren in Salzburg. Als Komponist ist er auch für Film, Theater und Fernsehen tätig. Die 4 Tracks (2013) für Akkordeon und Samples, Stücke von zwei, drei Minuten Dauer, widmet Demetz dem Solisten als Hommage. Luka Juharts »Suche nach instrumentaler Perfektion, seine Differenziertheit in der Tongebung sowie seine experimentierfreudige Elastizität im Umgang mit Zuspielklängen haben mich motiviert, diese vier Stücke zu komponieren.« Musikalisch geschickt verknüpft Demetz die Zuspielung (»im Vorfeld erstellte und elektronisch bearbeitete Aufnahme von Teilen des Akkordeonparts«) mit der live gespielten Akkordeonstimme. Die Samples und das Akkordeon bilden eine hybride Zweistimmigkeit mit dialogischem Charakter, in der teilweise die Klangquellen hörend nicht mehr unterschieden werden können. Die Elemente ergänzen sich häufig für instrumentatorische Effekte, z.B. als dynamische Überlagerung eines Einsatzes der anderen Stimme oder für künstliche Echowirkungen. Das Zusammenspiel koordiniert der Interpret nach der Zeitanzeige des CD-Spielers. Die Stücke tragen deutliche musikalische Charaktere. Der Komponist fasst zusammen: »Track 1 steht im Zeichen der klanglichen Eruptivität. . . . Track 2 beginnt mit [einem] Klangteppich … und mündet … in eine virtuose stretta … Track 3 wirkt … wie ein Ruhepol. Track 4 steht im Zeichen der rhythmischen Irregularität. «So bilden die Tracks eine vierteilige Form. »[E]in Werk fragmentarischen Charakters, das von der spielerischen Lust am ›in die Tasten greifen‹ lebt.«

Mahnkopfs deconstructing accordion, ein Kompositionsauftrag des Südwestrundfunks, ist heute Luka Juhart gewidmet. Die knapp zwölfminütige Komposition entstand in den Jahren 2000/2001 – auf die Initiative eines anderen Interpreten, dessen Uraufführung allerdings nicht im Sinne des Komponisten bzw. der Partitur gelang. Nachdem sich Juhart und Mahnkopf Jahre später kennengelernt hatten, entstand in enger, dreijähriger Zusammenarbeit die revidierte, endgültige Fassung, die Juhart 2011 in Leuven uraufführte.

Das Stück trägt einen stillen und zugleich sehr unruhigen Charakter. Es beginnt mit einem scharfen, trockenen perkussiven Klang (der Fingernagel schnalzt gegen den massiven Korpus des Instruments; dieser Klang erscheint kein zweites Mal). Mehr oder weniger kurze nervöse Klangblöcke werden ständig von Generalpausen unterbrochen. Während dieser »verharrt der Spieler absolut regungslos, erstarrt. Er hält plötzlich in seinem Spiel inne, und ebenso plötzlich spielt er weiter.« Der sachlichen, strukturalistischen, bald spröden Architektur des Werks steht sein skurriler Ausdruckscharakter gegenüber (»breiig«, »asthmatisch«, »maestoso, aber plump«). Der Komponist beschreibt sein Werk als »von ausgesprochener Theatralität«: Im Idealfall verleihe der Interpret dem Werk einen »zwanghaften« Charakter.

 

Die Partitur differenziert verschiedene Parameter der Klangerzeugung. Die Notation ist teilweise fünfzeilig: zwei Zeilen je für rechte und linke Hand, eine mittlere Zeile zur graphischen Indikation der Dynamik (im Rahmen zwischen ppppp [!] und p; als dynamische Standardgröße ist »so leise als möglich« definiert). Eine parametrische Entkopplung, eine »Dekonstruktion«, findet insofern statt, als unregelmäßig erscheinende plötzliche Sforzati sffffffz (!) sowie eine Art Körpervibrato, ein »Zittern des Körpers, um ein unregelmäßiges Vibrato zu erzeugen«, das immer wieder eingestreut wird, zu unkoordinierten, krampf- und anfallartigen Wirkungen führen. Die beiden Hände, der Balg, die Körperbewegungen werden isoliert – entkoppelt – gestaltet und bewirken summarisch ein instabiles und ungelenkes, aber besonderes Resultat, das auf anderem Wege nicht zu bewerkstelligen wäre.

Arturo Fuentes, 1975 geboren in Mexiko, kam 1997 nach Europa und lebt heute – nach Stationen in Mailand, Paris und Wien – in Innsbruck. Über seine Musik im Allgemeinen sagt er selbst, sie sei »ein akribisch arrangiertes, kaleidoskopisches Chaos, das die Grenzen von Dynamik, Klangfarbe, Textur und Virtuosität auslotet. Diese Musik offenbart ein sich ständig veränderndes skulpturales Muster«. Über das knapp neunminütige Stück Getmove (2011/rev. 2014) im Besonderen sagt der Komponist, er sei »am Schaffen einer sich bewegenden Textur interessiert, die mehrere Klangdimensionen enthält: wir hören das Geräusch der Tasten, das mit der Luft und dem wirklichen Klang vermischt ist.« Tatsächlich erzeugt die ständige Bewegung aus kleinen Notengruppen, die minimalistisch wiederholt werden, aus Repetitionen und schnellen Bellow-shakes einen texturalen Gesamteindruck. Fuentes choreographiert die Klänge durch die verschiedenen Register, lässt teilweise den Balg zur Ruhe kommen, während die Finger in unveränderter Weise die Knöpfe malträtieren. Fuentes zielt auf die Massenwirkung der Noten. Durch die quasi bildende Handhabung und Formung des klanglichen Materials entsteht die intendierte skulpturale Wirkung.

Besondere Beachtung verdient das Werk hrUP (slowenisch: »Lärm«) aus der Feder des Akkordeonisten – die erste Komposition, mit der Juhart in Erscheinung tritt. Er komponierte das circa vierzehnminütige Stück 2013 und spielte die Uraufführung im selben Jahr beim Festival Slowind in Ljubljana. Das Stück, das Vinko Globokar gewidmet ist, sei durch einen Text des slowenischen Dichters Tomaž Šalamun (1941-2014) inspiriert. Die Absicht sei, »zum einen das Klangspektrum des Instruments zu erweitern und zum anderen den akustischen, visuellen und emotionalen Wirrwarr, dem wir in unserem Alltag ausgesetzt sind, zu projizieren.«

Das Stück beginnt mit einem kurzen aus der Stille nach ff crescendierenden, achtstimmigen Akkord. An seinem Höhepunkt stampft der Interpret fest auf und gibt einen kurzen Schrei von sich. Stille. Es folgen Töne, traditionelle Klänge des Akkordeons, Skalen und Repetitionen. Die Besonderheit des Werks liegt in seiner Mitte. Plötzlich wechselt die Farbe in einen atmosphärischen Gesamteindruck: mikrotönige Dissonanzen, verrauschte Tonansprache, instabile Intonation, dann seltsam gebrochene Klänge. Juhart entdeckte diese bei Experimenten mit Tasten- und Winddruck. Es handelt sich um flageolettartige Phänomene, die durch geschickte Handhabung multiphonische Wirkungen erzeugen. Dieser Abschnitt fasziniert. Er ist fein ausgehört und offenbart Juharts – erwartbar – exzellente Kenntnis und Kontrolle seines Instruments. Juhart fordert in seiner Partitur weiterhin den Einsatz der Stimme, fährt hier eine weite Bandbreite auf, farbenreiche Frikative, Singstimme, Pfeifen, Rufen, Schreien. (Dass Globokar dem Interpreten-Komponisten sehr am Herzen liegt, wird hier musikalisch deutlich.) Verzerrt wird nach der Hälfte der Stücks das titelgebende Wort »hrup« artikuliert, als langgezogener Kratzlaut im Rachen, übergehend in einen flatterndes »r« (der Zungenspitze), mit einem plosiven, stimmlosen »p«-Laut als Abschluss. Teilweise verleiht Juharts starke Interpretation dem Stück einen theatralischen Charakter.

Auf der CD präsentiert sich Luka Juhart als brillanter Solist und als innovativer Experimentator im eigenen Schreiben. Mit fünf ästhetisch wie instrumental unterschiedlichen Werken stellt er seine technische Meisterschaft und musikalische Vielseitigkeit unter Beweis. Es ist dem Interpreten zu wünschen, dass er noch größere Bekanntheit erlangt, und dem Hörer, dass in nicht zu ferner Zukunft eine dritte Solo-CD zustandekommt.

ODZVEN

14.01.2015

Pretresljiva dekonstrukcija instrumenta in izvajalca
Septembra 2014 je pri ugledni in referenčni založbi za sodobno glasbo NEOS v sodelovanju z Zavodom Sploh izšla nova plošča akordeonista Luke Juharta. Druga Juhartova samostojna plošča, ki nosi naslov Deconstructing Accordion, postavlja v ospredje pojem dekonstrukcije kot kompozicijskega principa in povezovalnega člena izbranih skladb ter nadaljuje interpretovo predanost izvajanju sodobnih in novih slovenskih del. Na tej plošči Luka Juhart še razširi svoje poslanstvo s svojo prvo kompozicijo hrUP.

Plošča poudarja mednarodno sodobno skladateljsko ustvarjalnost z naborom skladb, napisanih v letih 2011–2014, razen že malce prej nastale središčne skladbe Deconstructing accordion Clausa Steffena Mahnkopfa, ki pa je zaradi izvajalsko izjemno zahtevne tehnične plati krstno izvedbo namesto leta 2001 doživela šele leta 2011. Juhartov projekt uravnoteženo zasnujejo tri glavne sestavine: koncept dekonstrukcije, dialog med ustvarjalcem in poustvarjalcem ter izvajalske moči akordeonista samega.

Dekonstrukcija deluje kot povezujoča glasbena misel in vodilo, ki ga je vsak izmed skladateljev uzrl v svojstvenem komponističnem postopku. Uspešni mladi slovenski skladatelj Vito Žuraj je svoj pogled usmeril na periferijo zvoka akordeona, kar nakazuje naslov skladbe Silhouette, in svoj prefinjeni glasbeni jezik prestavil v sfero alikvotnih tonov.

Tako kot pri prvi plošči je tudi pri tej ključnega pomena Lukov dialog s skladatelji in zanj napisanimi skladbami, ki so ga oblikovale kot izvajalca. Dialog, ki tvori rdečo nit skladbe 4 Tracks for akordeon in sample Eduarda Demetza, glasbeniku omogoča odziv na elektronsko obdelane dele akordeonskega parta, kjer zvok instrumenta transcendira v polje elektronike. Skladatelja je k tovrstnemu načinu kompozicije spodbudilo Juhartovo »veselje do eksperimentiranja in prožnost v stiku s posnetimi zvoki …«.

Mahnkopfovo delo izhaja iz »kompleksne šole komponiranja«, nadaljevalke izročila in predvsem kompozicijskih postopkov modernistov. Modernistične skladbe so lahko izvajalsko izjemno zahtevne, v Deconstructing accordion pa te fizične zahteve, ki so na robu izvedljivega, pridobijo še semantični naboj. Mahnkopf postavlja izvajalca in instrument v enakovreden položaj, kjer eden dekonstruira drugega: fragmentirani glasbeni stavek razstavlja slednjega, fizične akrobacije pa prvega.

Učinkovit kontrast prejšnjim skladbam prinese delo Getmove Artura Fuentesa z osredotočenostjo na zvočno barvo, ki valovi med globokimi basovskimi zvoki in hitrim, tihim tipkanjem in se pretaka po bolj linearno zasnovanem glasbenem stavku.

Juhart je vse skladateljske poglede izvedel z osupljivim občutkom in dojemljivostjo za bistvo posamezne skladbe. Z muzikalno versatilnostjo, ki jo dosega v popolnem spoju s svojim instrumentom, je omogočil skladateljem, da so dejansko razstavili instrument oziroma ustvarili glasbo iz zvočnega materiala, ki se nahaja med gumbi in skrajnimi pregibi meha. Tej intimni povezavi s skladbami je glasbenik tokrat dodal še svojo kompozicijo, hrUP, v katero je instinktivno zlil pretresljivo tehnično dovršeno in ponotranjeno akordeonsko godbo. Skladba zrcali eksperimentalno naravnanost in poslušalca popelje po kontrastnih zvočnih prostorih, ki terjajo od poslušalca budno poslušanje, saj se mora soočiti z dinamično razpetim glasbenim jezikom, polnim plešočih in eksplozivnih dogodkov kot tudi meditativnih momentov. Pri soočanju s to novo glasbo poslušalcu bistveno pomagajo teksti skladateljev in esej muzikologa v priloženi knjižici.

Sodobno glasbeno sceno prežemajo postmodernistični pogledi, ki prej izenačujejo kot razlikujejo med umetniškimi in popularnimi zvrstmi. V želji približati se slehernemu poslušalcu se tem pogledom včasih pridružijo še globalistični principi, ki se v glasbi izražajo kot »melting pot« oziroma spajanje različnih elementov v homogeno in predvsem pomensko enoznačno in torej razumljivo celoto. Juhartov projekt je tako prodorno, napredno in zgledno delo, ki v kontekstu aktualne glasbene kulture in duha časa, v katerem je nastalo, še toliko bolj blesti.

Maia Juvanc


27.12.2014

 

Premikanje izvedbenih in miselnih meja

Luka Juhart v prvi plan ne postavlja zgolj svoje solisti?ne kariere, temve? z enako mo?jo deluje tudi kot zagovornik sodobne slovenske glasbe. 

Za merilo uspešnosti, tudi v umetnosti, pogosto in upravi?eno postavljamo izstopajo?e dosežke v mednarodnem merilu. V glasbi bi to najbrž pomenilo gostovanje v najprestižnejših svetovnih koncertnih dvoranah ali opernih hišah, sodelovanje z eminentnimi glasbeniki, dirigenti in orkestri ter tudi snemanje za pomembne založniške hiše. Prav slednje je uspelo slovenskemu akordeonistu Luki Juhartu, ki je pri nemški založbi Neos izdal avtorsko zgoš?enko. Založba Neos je v zadnjih letih skupaj z založbo Kairos postala vodilna založniška hiša, kar zadeva izdajanje posnetkov sodobne glasbe – njihov katalog je premišljen, vanj se vpisujejo le najpomembnejši ustvarjalci sodobnega glasbenega jezika in posledi?no tudi poustvarjalci, vse izdaje pa so zasnovane »celostno«, kar pomeni, da je pozornost namenjena izdelku v celoti: izbranemu programu in izvedbi morata na kvalitativni ravni ustrezati tudi posnetek in programska knjižica. Dosežek Luke Juharta je še toliko pomembnejši, ker je nastal v sodelovanju s slovenskimi mo?mi: snemalnimi, založniškimi (kot sozaložnik nastopa Zavod Sploh) in skladateljskimi. Juhart tako v prvi plan ne postavlja zgolj svoje solisti?ne kariere, temve? v tujini z enako mo?jo deluje tudi kot zagovornik sodobne slovenske glasbe: na zgoš?enki se je tako poleg njegovega avtorskega dela hrUP znašla tudi skladba Vita Žuraja.Celotna zgoš?enka je dobila ime po skladbi Claus-Steffena Mahnkopfa in bi jo lahko v slovenš?ino prevedli kot Dekonstrukcija harmonike. Naslov je seveda ve?zna?en: zaznamuje lahko prestop popularnega glasbila iz sfere navidez ljudsko-pouli?nega v visoko umetniško, odtegnitev od tradicionalnega preigravanja številnih priredb, izvorno napisanih za druge inštrumente kot akordeon, k originalnim delom, ki v središ?e postavljajo idiomatske zna?ilnosti inštrumenta, in seveda kot raziskovanje povsem novih izraznih in tehni?nih zmogljivosti inštrumenta. Tako dekonstrukcija, kot to smiselno v svoji spremni besedi zapiše muzikolog Primož Trdan (še ena pomembna doma?a mo?, vpeta v nastajanje projekta), ni povezana samo z destrukcijo (razstavljanjem inštrumenta, zanikovanjem tradicije), temve? tudi z vzpostavljanjem nove izrazne in zvo?ne mreže.Ta se v izbranih skladbah kaže v podobnih ?rtah, pa vendarle vedno tudi individualno zabarvanih. V središ?u je gotovo Mahnkopfovo delo, ki se dekonstrukciji bliža tudi prek neznosne zahtevnosti, ki jih nalaga izvajalcu: šele Juhartu, ki so mu posve?ena vsa dela na zgoš?enki in je pri njihovem nastajanju ve?inoma tudi sodeloval, se je uspelo pretol?i skozi izjemne skladateljeve zahteve. Zvo?ni rezultat na zgoš?enki jih ne izdaja, kar v prvo lu? postavlja Juhartovo virtuoznost. Žurajevo delo Silhueta lahko razumemo kot tipi?no skladateljevo glasbo, ki živi od hitrosti, številnih sprememb in konstantnega valovanja, tokrat povezanega s sinusnim zvo?nim nihanjem, medtem ko Arturo Fuentes (Getmove) podobno zaupa hitrosti, a v povezavi z menjavanji tekstur, v katere se zapletajo drobni nezna?ilni zvo?ni drobci, skoraj nekakšne odpadne smeti akordeonske zvo?nosti. Eduard Demetz v skladbi 4 Tracks (naslov je neprevedljiv, ker meri tako na zvo?ne kanale kot tudi na posamezne stavke) prisega na fragmentarni karakter, ki ga še poudarja dodani zvo?ni zapis na magnetofonskem traku.Juhartova lastna skladba morda ne prinaša takšne kompozicijske iz?iš?enosti kot preostala dela, vendar pa slednje nadomeš?a z bogastvom idej, ki pogosto izhajajo iz poznavanja inštrumenta, in mo?no glasbeniško izraznost. Skladba je posve?ena Vinku Globokarju, na kar sugerira nekaj igrivih performerskih vdorov, a hkrati vase sprejema vendarle širše modernisti?no izro?ilo. S tem Juhart dokon?no premika meje: ne zgolj izvedljivosti (Mahnkopf), temve? tudi odnosa skladatelj–izvajalec, za naše okolje pa tudi stopnje profesionalnosti, zavzetosti in premišljenosti.

Gregor Pompe

 


Dezember 2014

„Deconstructing Accordion“ heißt die neue CD des slowenischen Akkordeonisten Luka Juhart, benannt nach der Komposition von Claus-Steffen Mahnkopf, die beispielhaft für die Ästhetik dieses Albums steht. Musikalische Intelligenz in Einheit mit Virtuosität, Einbezug aller klanglichen Möglichkeiten des Instruments vom Windgeräusch über Tastenklappern bis zum differenziert modulierten Ton, und das Ganze mit hohem körperlichen Einsatz: Das sind einige der Ingredienzien, die Juharts Spiel zu einem faszinierenden Hörerlebnis und das Akkordeon zu einem Hyperinstrument machen, das locker zwischen menschlichem Laut und quasi-elektronischem Klang zu vermitteln versteht. Die weiteren Werke von Vito Žuraj, Eduard Demetz und Arturo Fuentes stehen dem nicht nach.Juharts eigene Komposition „hrUP“ setzt den rhetorisch wilden Schlusspunkt.

Max Nyffeler

Radio Beograd
16.11.2014

Website

Slušaæete numere sa poslednjeg albuma slovenaèkog harmonikaša i pedagoga Luke Juharta, koji je pod nazivom „Dekonstrukcija harmonike“, objavila ove godine diskografska kuæa „NEOS“.

Roðen 1982. godine, Luka Juhart diplomirao je na Konzervatorijumu u Trosingenu u Nemaèkoj, u klasi Huga Nota, a postdiplomske studije je nastavio kod èuvenog pedagoga Štefana Husonga na Konzervatorijumu u Vircburgu. Juhart je posveæen širenju literature za svoj instrument, zbog èega je do sada naruèio preko 40 novih komada za solo harmoniku i ansamble. Redovno saraðuje sa klarinetistom i kompozitorom Urošem Rojkom, sa kojim svira u triju Quo Vadis, kao i sa francuskim avangardnim kompozitorom, slovenaèkog porekla, Vinkom Globokarom.

Luka Juhart se u poslednje vreme interesuje za slobodnu improvizaciju i autorski rad, a kao rezultat istraživanja na tim poljima nastala je njegova kompozicija pod nazivom hrUP, odnosno Buka iz 2013. godine. Prema reèima autora, težio je da proširi zvuèni spektar instrumenta, prikazujuæi svojevrstan akustièni, vizelni i emotivni haos koji doživljavamo u svakodnevnom životu. Kompoziciju je posvetio Vinku Globokaru, a premijerno je izvedena prošle godine na Slovind festivalu u Ljubljani.

Urednica emisije Marija Šekularac

 

 

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